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Gammelfleisch verkauft:
Haftstrafe zur Bewährung

Firmenchef legt Einspruch ein - Ermittlungen ausgeweitet

Von Ernst-Wilhelm Pape
Gelsenkirchen (WB). Im bundesweiten Gammelfleisch-Skandal hat das Amtsgericht Cloppenburg Strafbefehl gegen den 45 Jahre alten Inhaber des Unternehmens HKB Convenience, Alfons B., erlassen.

Der Unternehmer wurde wegen Verstoßes gegen das Lebensmittelgesetz zu sechs Monaten Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hatte neben dem Strafbefehl auch eine Gewinnabschöpfung in Höhe von 12 000 Euro beantragt. Gegen drei weitere beschuldigte Convenience-Mitarbeiter seien die Ermittlungen gegen Geldauflagen zwischen 500 und 1000 Euro vorläufig eingestellt worden, sagte Staatsanwalt Bernard Südbeck. Da der 45-Jährige Firmenchef gegen das Urteil Einspruch eingelegt habe, komme es jetzt zu einem Prozess.
Der Firmenchef soll aus seinen Betrieben in Lindern und Lastrup (Kreis Cloppenburg) verdorbenes Geflügelfleisch in den Handel gebracht haben. Das tiefgefrorene Hähnchen- und Putenfleisch aus Polen, der Slowakei, Tschechien und Frankreich war, so der Vorwurf, unsachgemäß aufgetaucht, zum Teil verbotenerweise mit Wasser aufgespritzt und als Frischware verkauft worden. Durch die Aufspritzung wurde das Fleisch schwerer, um höhere Preise erzielen zu können. 20 Tonnen Ware waren an 15 Großhändler in Berlin, Niedersachsen, NRW (Mönchengladbach, Duisburg, Solingen und Hagen), Baden-Württemberg und Bremen verkauft worden. Die Großhändler wiederum hatte die Ware an Dönerbetriebe und Wochenmärkte veräußert.
In NRW hat die Staatsanwaltschaft Essen die Ermittlungen im Gammelfleisch-Skandal unterdessen ausgeweitet. Als Beschuldigte gelten jetzt auch Verantwortliche einer Fleischwarenfirma aus den Niederlanden, sagte Oberstaatsanwältin Angelika Matthiesen. Hauptbeschuldigter in Sachen Gammelfleisch ist der Großhändler Uwe D. aus Gelsenkirchen. Gegen ihn wird wegen Verdachts des gewerblichen Betruges und Straftaten nach dem Lebensmittelrecht ermittelt. D. hatte auch Geschäftsbeziehungen zur Firma Berger Wild im Passau (Bayern), dem größten deutschen Wildhändler. Auch Berger Wild soll Gammelfleisch verkauft haben. Größer Kunde von Uwe D. in NRW war der sogenannte Bratwurstkönig Dirk St. aus Gelsenkirchen, gegen den ebenfalls ermittelt wird. Der dritte Beschuldigte ist der Kühlhaus-Betreiber Hermann W. aus dem niedersächsischen Melle. In seinem Kühlhaus war verbotenerweise Fleisch eingelagert worden, das nicht zum menschlichen Verzehr geeignet war.

Artikel vom 17.06.2006