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Der Streit um
eine Halbwaise
geht weiter

Fünfjährige mit ungewisser Zukunft

Von Christian Althoff
Bünde (WB). Ein Kind als Spielball der Erwachsenen? Nach langem Sorgerechtsstreit um eine Halbwaise (5) aus Bünde (Kreis Herford) hatte das Amtsgericht das Mädchen dem leiblichen Vater zugesprochen. Doch der sucht nun jemanden, der sich um das Kind kümmert.
Dagmar M. starb mit 36 Jahren in Bünde an Krebs.
Die Zukunft der fünfjährigen Silke ist ungewiss.

Dagmar M. (36), die Mutter der kleinen Silke, war im Mai 2005 an Krebs gestorben. Wie berichtet, hatte sie auf dem Sterbebett ihrem Bruder Dirk M. (39) aus Peine das Versprechen abgenommen, sich um das Kind zu kümmern. Denn der Vater des Mädchens, ein Schwarzafrikaner, hatte die Mutter bereits während der Schwangerschaft verlassen. Er soll seine Tochter so gut wie nie gesehen und auch keinen Unterhalt gezahlt haben. »Außerdem hat er meine Schwester immer wieder geschlagen«, sagt Dirk M.
Nach dem Tod seiner Schwester hatte der Bauarbeiter das Kind zu sich und seiner Lebensgefährtin nach Peine geholt. Das örtliche Jugendamt befürwortete, dass Silke bei ihrem Onkel aufwachsen sollte. Doch das Jugendamt Bünde setzte sich massiv dafür ein, dass Silke zu ihrem Vater ins Ruhrgebiet ziehen sollte, wo der Mann inzwischen geheiratet hatte. Dirk M. und seine Lebensgefährtin investierten mehr als 7000 Euro in den Rechtsstreit, aber sie verloren und mussten Silke nach zehn Monaten wieder abgeben - nach Überzeugung des Jugendamtes Bünde »die beste Lösung für das Kind.«.
Doch seit einer Woche versucht der leibliche Vater offenbar, seine Tochter anderweitig unterzubringen. »Er hat mich gefragt, ob ich mich künftig um das Mädchen kümmern könnte«, bestätigte ein in Bünde lebender Bekannter des Schwarzafrikaners. »Entschieden ist aber noch nichts.«
Der Hintergrund: Die Ehe des berufstätigen Vaters ist gescheitert, seine Frau will sich nach eigenen Angaben scheiden lassen und aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen. Gegenüber dem Jugendamt hat die Frau in dieser Woche angegeben, sie werde von ihrem Mann geschlagen. Er komme immer erst zwischen 20 und 21 Uhr nach Hause und kümmere sich kaum um seine Tochter. Die Frau bat das Jugendamt, Silke in Obhut zu nehmen und möglichst schnell eine neue Bleibe für sie zu finden.
»Wir sind von dieser Entwicklung überrascht worden«, sagte am Freitag Dirk M., der Onkel des Mädchens. Er sei weiterhin bereit, den letzten Willen seiner Schwester zu erfüllen und Silke aufzunehmen. »Wir hoffen, dass das Jugendamt und das Familiengericht möglichst schnell zu einer Entscheidung gelangen.«
Der leibliche Vater des Mädchens war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Artikel vom 17.06.2006