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Kunst des Doppelpasses

WM-Kicker wechseln munter die Nationalitäten

Berlin (dpa). Noch nie wurden so viele »Doppelpässe« gespielt: Gebürtige Brasilianer laufen für Japan, Tunesien, Spanien, Portugal und Mexiko auf, und Deutschlands Torhoffnungen ruhen vor allem auf zwei Sprösslingen polnischer Eltern.

Beim deutschen Sturmduo Miroslav Klose und Lukas Podolski sorgten noch die Eltern dafür: Podolski kam mit zwei Jahren nach Deutschland, Klose war beim Umzug acht Jahre alt. Immerhin schon elf war der in Ghana geborene Gerald Asamoah beim Umzug der Familie nach Deutschland. Oliver Neuville kam in Locarno in der Schweiz auf die Welt und verdankt die deutsche Staatsbürgerschaft seinem Vater.
Portugals Mittelfeldstar Deco vom FC Barcelona kam als 19-Jähriger aus Brasilien ins Land und erhielt mit 25 die portugiesische Staatsbürgerschaft. Japans Abwehrrecke mit dem wenig japanischen Namen Alex verließ 1994 seine brasilianische Heimat, um auf der Insel in Fernost im Gymnasium Fußball zu spielen - im November 2001 wurde er japanischer Staatsbürger.
Brasilianer sind überall: Tunesiens Francileudo dos Santos wurde 1999 Torschützenkönig in der tunesischen Liga und bekam 2000 die Staatsangehörigkeit des nordafrikanischen Landes angeboten. Mit Zinha für Mexiko und Senna für Spanien sind bei der WM weitere Brasilien-Exporte dabei.
Australiens zweifacher Torschütze Tim Cahill bestritt erst mit 24 Jahren sein erstes Länderspiel für die Socceroos. Zehn Jahre zuvor trat er für Samoa an und durfte deshalb nicht für die Aussies spielen, ehe er eine Ausnahmegenehmigung bekam.
In Sachen Multinationalität kann auch Owen Hargreaves von Bayern München mitreden: Sein Vater ist Engländer, die Mutter aus Wales, er wurde in Kanada geboren und spielt seit 2000 in Deutschland. Hargreaves konnte zwischen Kanada, Wales und England wählen. Hätte er nicht für Englands U-21-Mannschaft gespielt, wäre später auch die deutsche Nationalelf möglich gewesen.
Ohne die Einbürgerungsregeln hätte der Inselstaat Surinam in den 90er Jahren ein starkes Team haben können: Edgar Davids, Clarence Seedorf, Aaron Winter, Ruud Gullit, Frank Rijkaard und Patrick Kluivert hätten alle für Surinam spielen können, entschieden sich aber für Oranje.

Artikel vom 17.06.2006