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Prinz Poldi will kein Depp sein

Podolski geht gegen WDR-Satire vor und bleibt trotz Torflaute gelassen

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Berlin (WB). Es ist nicht immer leicht, ein Prinz zu sein. Vor allem dann nicht, wenn manche so tun, als sei der Prinz nur ein dummer Junge. Lukas Podolski, auch bekannt als »Prinz Poldi«, hat jetzt aber keinen Bock mehr darauf, sich dauernd für blöd verkaufen zu lassen.

Auf dem Fußballfeld haben ihm die Trainer gesagt, dass er mehr aus dem Lauf kommen müsse, beim Kampf gegen eine WDR-Hörfunk-Satire nimmt der verunglimpfte Profi nun mit Gerichtshilfe volle Fahrt auf. Podolski und auch sein Freund Bastian Schweinsteiger wissen schließlich, was es bedeutet, wenn ihnen Blut aus dem Ohrläppchen abgezapft wird. Darum finden sie es im Gegensatz zu anderen Zuhörern wenig amüsant, wenn »Eins Live« behauptet: »Poldi und Schweini büffeln für den Laktattest.« Krass gesagt: Der Prinz fühlt sich zum Depp gestempelt, und jetzt ist Schluss mit lustig. »Ich verstehe Spaß, aber das geht zu weit.«
Auch der DFB ist deutlich an seiner Humorgrenze angekommen und möchte Satireschutz für seinen Nationalspieler: »Hier wird unter dem Decknamen ÝComedyÜ beleidigt und verletzt«, erklärt Mediendirektor Harald Stenger, »Lukas wird in eine Ecke gestellt, in die er nicht gehört«. Weil der WDR-Hörfunk zur ARD-Gruppe gehört, bekommt »Das Erste« die Konsequenzen zu spüren: In Abstimmung mit dem Verband gibt Podolski keine Interviews mehr.
Die sind sowieso nicht so geschliffen wie zum Beispiel bei Metzelder und Bierhoff, den ungekrönten Verbalkönigen. Podolski ist aber nicht der Hofnarr. Er redet nur, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Feinziselierte Formulierungen gehört nicht zu seinen Stärken, langes Fabulieren schätzt er genau so wenig wie einen überkomplizierten Spielzug. Raus mit den Worten, rein mit dem Ball. Das eröffnet zur Einordnung der Podolski-Persönlichkeit zwei Möglichkeiten: Die einen halten ihn für unterbelichtet, die anderen für unbekümmert. Vor dem Tor schadet wohl beides nicht: »Da denke ich nie nach«, sagt Podolski.
Trotzdem hat der Prinz bisher nicht zeigen können, dass er die Thronfolge eines Uwe Seeler oder Gerd Müller antreten könnte. Irgendwas fehlt - wahrscheinlich nur ein Tor. »Wenn ich einen mache, wird alles besser«, glaubt Podolski, der in den letzten neun Länderspielen nur gegen Luxemburg traf.
Das ist nicht ganz ungefährlich, weil sich die Heckenschützen schon in Stellung gebracht haben. Lukas Podolski kann nur nicht kapieren, was es soll, ihn und seine WM-Form in Frage zu stellen: »Ich verstehe die Diskussion nicht. Es geht um die Mannschaft, und die ist mit zwei Siegen ins Turnier gestartet. Nur das ist wichtig.«
Dass bei Podolskis Ausführungen Angriffspartner Miroslav Klose neben ihm sitzt, hat seinen Grund. Der Ältere soll angeblich über die Standfestigkeit des Jüngeren gemotzt haben. »Er steht zu viel rum«, lautet eines der kolportierten Zitate, die nur einen Fehler haben: Niemand hat sie gehört, und Klose hat es auch nicht gesagt. Also kann man die angedichtete Krisenstimmung im Sturmzentrum glatt vergessen. Klose: »Wir haben keinen Krach, das ist absoluter Quatsch.«
Der Senior gab dem Junior nur den Rat, bei seinen Aktionen mehr aus der Bewegung zu kommen. Der Hinweis, »wir alle versuchen ihm zu helfen«, deutet dennoch an, dass Poldi noch nicht in Prinzen-Laune aufspielt. »Er ist jung. Er kann diese Konstanz noch nicht haben«, zeigt der Klose (28) Verständnis für das leichte Schwächeln des 21-jährigen Kollegen. Podolski sieht es genauso: »Ich bin ein junger Spieler. Und bei der WM herrscht ein anderes Niveau. Aber ich werde mich daran gewöhnen und habe keine Angst.« Nur zu gern würde er das allen Lästermäulern zeigen.

Artikel vom 20.06.2006