19.06.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Berliner
Luft
geschnuppert
von
Friedrich-Wilhelm
Kröger


Auch Weltmeister verzehren sich nach dieser Wurst. Als »Eingeborener« kennt Pierre Littbarski die Bude natürlich, auf diese Berliner Berühmtheit zwischen Bleibtreu- und Schlüterstraße lässt er nichts kommen.
Da dribbelt er mit seinen Säbelbeinen notfalls auch noch nachts hin. »Kudamm 195« ist eine Institution der Hauptstadt, weil es hier schärfer zugeht als in jedem Nachtclub. Die Soße macht an. Sie gibt der Currywurst, die in diesem Kult-Imbiss auch dann noch auf den Teller kommt, wenn es draußen längst hell ist und die Vögel zwitschern, ihre einzigartige Würze. Behaupten jedenfalls alle, die schon mal zugelangt haben. Wenn es um die Wurst geht, sind gern auch Promis zur Stelle. Boris Becker hat sich hier schon richtig reingebissen, von Siegfried und Roy gibt es ein Bild. Und auch die Ex-Kanzler Kohl und Schröder bestellten am Ku'damm das Berliner Leibgericht, das an den Ständen der Stadt täglich millionenfach serviert wird.
Aber keine schmeckt wie diese: Das krumme Ding ist echt knackig! Das gibt gleich fünf Stehrestaurant-Sterne. Rot-weiß gekleidete Paraguayer probieren sie nach der Spätschicht im Olympiastadion ebenso wie die gelbgewandeten Schweden; dazu gibt es Fritten und Bier. Im etwas anderen Fan-Treff bringt die Currywurst Sieger und Verlierer an einen Tisch.
Littbarski kommt zu später Stunde mit seiner japanischen Frau vorbei, aber sie möchte nichts. Litti-san wird sie noch auf den guten Geschmack bringen müssen. Der Champion von 1990 genießt den späten Snack, denn zuletzt war er Trainer in Sydney, wo es sicher Sushi gibt. Aber eine Currywurst wird da nicht vom Rost gezogen. Und wenn, dann sicher nicht so ein Prachtexemplar.

Artikel vom 19.06.2006