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Josephs großes Herz
schlägt für den Sport

Von der WM zum Rasentennis nach Wimbledon

Von Wolfgang Schäffer
Arnsberg/Gelsenkirchen (WB). Etwa 1,75 Meter groß und - zurückhaltend geschätzt - 140 Kilo schwer: Joseph Somerville hat mitnichten eine sportliche Figur. Dafür aber ein Herz, das vor allem für den Sport schlägt.
Joseph Somerville (38) aus den USA ist Barcelona-Fan.

Bewaffnet mit zwei in Brötchen eingewickelte Bratwürstchen in der linken sowie zwei Plastikbechern Budweiser in der rechten Hand, stapft der 38-Jährige wohlgelaunt auf die Zuschauertribüne der Veltins-Arena in Gelsenkirchen. »Hey, Guys,« begrüßt er die Umstehenden, wirft einen schnellen Blick aufs Spielfeld, wo sich gerade seine Landsleute warm machen, und ruft entsetzt: »Oh, no!« Auf die Frage, was ihn den so bestürzt, zeigt er mit der Bratwursthand auf den Spieler mit der Nummer 7. »Lewis, Eddie Lewis, den kann der Trainer doch nicht aufstellen. Zu viele Fehlpässe, kein Ballgefühl.« Kopfschüttelnd lässt er seinen massigen Körper in den Kunststoffsitz fallen.
Neuneinhalb Monate habe er ununterbrochen geschuftet, jetzt freue er sich auf ein paar Wochen Sport-Urlaub in »Good Old Europe«. Joseph kommt aus Los Angeles und arbeitet als Techniker beim Fernsehen, im Team der US-»Glücksrad«-Version.
Zum zweiten Mal ist der 38-Jährige in Deutschland. 1991, bei seinem ersten Besuch, war er überwiegend im sauerländischen Arnsberg - »ein toller Ort, eine super Landschaft«. Der Grund: Sein deutscher Freund, der gemeinsam mit Joseph in den USA zur Schule ging, stammt von dort und ist jetzt in Arnsberg Lehrer. »Die WM war der ideale Anlass, hier wieder Station zu machen«, sagt Joseph, der eigentlich Fan von Barcelona ist und sich viele Spiele der Spanier im Fernsehen ansieht. »Da kommt unser Nationalteam nicht mit. Die müssen noch viel trainieren.« Er findet es schade, dass es daheim vor allem an Nachwuchs mangelt. »Basketball und Football sind nach wie vor die Sportarten, die ziehen. Da erhoffen sich die Kinder aus ärmeren Verhältnissen, ans große Geld zu kommen.« Soccer, also Fußball, spiele bei denen kaum eine Rolle.
Joseph Somerville aber hat sein Herz an diese Sportart verloren. Er reist jetzt quer durch Deutschland, schaut sich Städte an und hat Karten für USA gegen Ghana in Nürnberg und Niederlande gegen Argentinien in Frankfurt.
Dann geht's ab in den Flieger. Doch noch nicht zurück nach LA. Die nächste Station seiner Europareise heißt Wimbledon. Dort bleibt er bis zum 4. Juli. Tennis ist nämlich Joseph Somervilles zweite große Leidenschaft - wenn's ums Zuschauen geht.

Artikel vom 17.06.2006