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»Über Fußball Zugang finden«

Pfarrer Bernhard Hamich kickt selbst gern - Spielplan der WM dabei

Von Monika Schönfeld
(Text und Foto)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Fußball ist weltumfassend, er verbindet Nationen. »Die Fußball-Weltmeisterschaft wirkt völkerverbindend. Beeindruckend ist, wie lateinamerikanische und afrikanische Fußballspieler wie selbstverständlich zu ihrem Glauben stehen und ihn auf dem Platz zum Ausdruck bringen.« Für Dechant Bernhard Hamich ist Fußball ein Glaubensbekenntnis - auch ihm selbst bedeutet das Fußballspiel viel.

»Ich glaub' dran«, steht auf dem Fußball, den Bernhard Hamich zum Andenken an seine Firmreise Weihbischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann geschenkt hat. Weiter auf dem Ball - Zitate berühmter Fußballspieler, die über Gott und den Glauben sprechen. So sagt der deutsche Nationaltrainer Jürgen Klinsmann: »Der Glaube an Gott ist enorm wichtig und gibt uns Kraft und Orientierung.« Torwart Oliver Kahn: »Das mit dem Fußballgott ist Blödsinn. Es gibt nur einen Gott und der hat mit Fußball nichts zu tun.« Oder Bastian Schweinsteiger: »Ich glaube einfach, dass Gott mit im Spiel meines Lebens ist.« Schiedsrichter Dr. Markus Merk nimmt sich im Urlaub Zeit, sich um indische Waisenkinder zu kümmern. Er sagt: »Das Kreuzzeichen ist mein ganz persönlicher Anpfiff, Ausdruck meines Glaubens, der mir Kraft gibt.« Bischof Hengsbach: »Nicht Defensive, Offensive ist die Sache der Christen.«
Bernhard Hamichs (58) fünf ältere Brüder haben alle im Verein Fußball gespielt. Er selbst spielte in Bielefeld in der Schulmannschaft, während der Ausbildung in Paderborn gehörte der Fußball als Ausgleich dazu, Seminarmannschaften unterschiedlicher Diözesen traten gegeneinander an. Als Vikar in Lünen war das Fußballspiel ein guter Zugang zu den Jugendlichen. »Dort waren alle Fans von Borussia Dortmund. Ich als Bielefelder habe immer zu den vermeintlich Schwächeren, Arminia Bielefeld, gehalten«, sagt Hamich. Auch in der Dekanatsjugendseelsorge in Siegen spielte er Fußball. »Ein Messdiener sagte mir später, er könne sich an die Fußballspiele besser erinnern als an die Predigten.« So spielt Hamich auch heute beim Abschlussfest nach der Erstkommunion mit den Kindern Fußball. Während seiner Zeit in Barntrup-Dörentrup (Kreis Lippe) habe der Pfarrgemeinderat alle Termine nach den Zeiten der Fußballübertragungen ausgerichtet. Hamich war's Recht.
»Ich würde mich freuen, wenn die deutsche Mannschaft ein Stück weiter käme. Aber auch die anderen haben gute Mannschaften.« In dem Ordner, den er zu den Terminen der Firmreise des Weihbischofs dabei hat, befindet sich ein Spielplan der WM. Die Ergebnisse der Spiele sind eingetragen. »Ich kann mir die nicht alle merken«, gibt Hamich zu. Podolski, Schweinsteiger, Lehmann und Klose - alles ehemalige Messdiener, weiß Hamich. Arne Friedrich kennt er aus Bad Oeynhausen, ein überzeugter evangelischer Christ.
Die Atmosphäre bei Spielen gefällt Hamich. »Da gratulieren sich Argentinien und Elfenbeinküste - Fairplay pur. Wenn vor dem Anpfiff die Spieler der Elfenbeinküste - Muslime, Angehörige der Naturreligionen und Christen - gemeinsam beten, dann hat das wegweisenden Charakter für die Ökumene und den gegenseitigen Respekt. Die Begriffe aus dem Fußball lassen sich gut fürs Leben oder für den Glauben strapazieren«, lacht Hamich. Anpfiff fürs Leben, begrenzte Spielzeit, Sieg und Niederlagen, Abseitsfalle, Eigentor, Traumpass, Offensiv- und Defensivspieler - da sind Bilder aus der Fußballsprache entlehnt, mit denen vor allem Jugendliche etwas anfangen können. Wenn über den Sport ein Straßenkinderprojekt greift, dann komme das eher rüber, als eine große theologische Diskussion. Ronaldo und Pelé seien positive Vorbilder. »Leute, die sich im Sport engagieren, haben ein ganz anderes Gruppenverhalten«, weiß Hamich, der deshalb die Messdiener-Fußball-Turniere unterstützt. Denn über den Sport kann der Zugang zu jungen Leuten gefunden werden.

Artikel vom 15.06.2006