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Falscher Lehrer kommt lange in Haft

Nach Missbrauch muss Täter zwei Mädchen Schmerzensgeld zahlen

Von Christian Althoff
Detmold (WB). Zu sechs Jahren und neun Monaten Haft wegen teilweise schweren sexuellen Missbrauchs dreier Mädchen hat das Landgericht Detmold am Mittwoch den falschen Lehrer Michael N. verurteilt.
Michael N. (46) leugnete die Taten bis zuletzt.
Staatsanwältin Christa Brinkforth hatte sieben Jahre und neun Monate Haft gefordert, Verteidiger Andreas Scharmer hatte keinen Strafrahmen genannt.
Der Vorsitzende Richter Michael Reineke wies in seiner Urteilsbegründung auf das planvolle Vorgehen des Lemgoer Tischlers hin: »Sie haben sich Ihrer Lebensgefährtin gegenüber als Lehrer ausgegeben und die achtjährige Tochter der Frau missbraucht.« Als das Mädchen mit zwölf Jahren seine Regel bekommen habe und ein weiterer Missbrauch zu gefährlich erschien, habe Michael N. sich mit gefälschten Zeugnissen ans Jugendamt und die Arbeiterwohlfahrt in Bielefeld gewandt, um als angeblicher Pädagoge Pflegekinder aufnehmen zu können. »Die wurden dann ebenfalls Ihre Opfer«, sagte Reineke.
Michael N., der zum Prozessauftakt noch ein Geständnis angekündigt, dann aber doch geschwiegen hatte, bezeichnete die Aussagen der Mädchen in seinem letzten Wort als Lügen. »Ich bin unschuldig und habe nur das Beste für die Kinder gewollt!« Dazu erklärte Reineke, der Angeklagte sei keinesfalls ein unbeschriebenes Blatt. Er habe schon vor Jahren mit einem gefälschten Ausweis des Herforder Jugendamtes dafür gesorgt, dass eine Flüchtlingsfamilie ihre Tochter an den Wochenenden in die Obhut des »Pädagogen« gab. Was an diesen Wochenenden geschah, ist bis heute nicht aufgeklärt.
»Die Mädchen sind froh, dass ihnen geglaubt worden ist und der Mann ins Gefängnis kommt - obwohl sie auf eine höheren Strafe gehofft hatten«, sagte Rechtsanwältin Heike Klockemann. Sie hatte als Nebenklagevertreterin für zwei Opfer einen sogenannten Adhäsionsantrag gestellt. Deshalb entschied das Gericht nicht nur über die strafrechtliche Seite des Falls, sondern auch über zivilrechtliche Ansprüche der Mädchen. Einem der Kinder wurden 8000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen, einem anderen 5000 Euro. Außerdem wird das Jugendamt Bielefeld voraussichtlich mehr als 100 000 Euro Pflegegeld von Michael N. zurückverlangen.

Artikel vom 15.06.2006