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Robben, bis der Teenie kreischt

Ljungberg und die Latin Lovers: Auf der Suche nach dem sexy Kicker

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Bolzen, Bratwurst, Bier. Fettich. Mehr war früher nicht drin, und der Fan war's zufrieden. Jetzt, da der Fußball lauter tätowierte Gestalten mit asymmetrischen Frisuren für 200 Euro hervorbringt, lockt er massenweise Frauen an. Riskieren wir mal einen Blick.
Luís Figo, selbst ein erfolgreiches Model, mal hinter der Kamera. Ob er seinen Mannschaftskameraden Cristiano Ronaldo (li.) im Sucher hat?

»Ogottogottogott, was wir wieder alles schildern müssen!«, mosert Manni Breuckmann, aber es hilft ja nix. Nicht nur die Däninnen wollen wissen, wo das leckerste Fußballerfleisch serviert wird. Die Leserinnen des »Ekstra Bladet« wählten Alessandro Nesta auf Platz zwei, überflügelt nur von Fredrik Ljungberg (29 Jahre, 1,76 Meter). Einen Sexisten! Ljungberg sei so einer, behauptet jedenfalls Stockholms Verwaltung und hat die Plakate verboten, auf denen sich Schwedens Mittelfeldmann im Calvin-Klein-Slip auf Satin räkelt. Mal solo, mal mit dem Russenrasseweib Natalia Vodianava (87-63-89).
Früher brachten wir in sturmfreier Bude den Heroen der Rockmusik ein Räucheropfer dar, heute ist der sexy Body anbetungswürdig, und so pinnt die Jugend Cristiano Ronaldo (21, 1,84) an die Wand. Wenn wir jetzt verraten würden, dass die Eltern Portugals Wunderstürmer nach Ronald Reagan benannt haben, würden die Poster wohl hastig von der Wand gekratzt, aber keine Sorge, wir sagen's ja keinem.
Kein Zweifel, Cristiano Ronaldos Geist steckt in einem gestählten Körper. Dieser verdankt seine muskulären Konturen einer Angewohnheit, die das Zeug zur Trendsportart hat: Robbing. C.R., ganz ehrlich, robbt regelmäßig über den Boden. Sobald sich sein Body in die Senkrechte begibt, wird er von allen Teenagern dieser Erde angeschmachtet.
Deutsche Teenies flippen schon aus, wenn der Iran anrückt. Dunkle Haare, energischer Blick - das törnt echt an, her mit den Autogrammen! Hach, und dann erst Argentiniens Kapitän Juan Pablo Sorín (30, 1,73) - diese langen Haare! Voll fett, ey. Die reiferen Leser der »Welt« wiederum kürten Roque Santa Cruz (24, 1,91) zum Sieger vor Raúl (23, 1,80) und Luís Figo (33, 1,80), auf Platz 4 landete der schon erwähnte Bodenrobber.
In einer Welt voller Bodybuilder (Arnie Schwarzenegger: »Boddöbüüda san ned bled - onderne velläicht, aber Boddöbüüda ned«) hat der Latin Lover leichtes Spiel. Kein Wunder, dass die deutschen Kicker nur auf hintersten Plätzen landen: Weniger Punkte (bei »Ekstra Bladet«) als Lukas Podolski (21, 1,80) erhielt nur Englands Abwehrrecke Ashley Cole (25, 1,73), der sich auf dem Mannschaftsfoto im »Kicker« als würdiger Nachfolger von Nobby Stiles präsentiert. Nobby, die Älteren erinnern sich, war das Monster von der Insel, das im Match große Stücke aus seinem Gegenspieler herauszutreten pflegte.
Ein deutscher Fußballer hingegen sieht so aus wie Oliver Bierhoff (38, 1,91), dem die italienischen Teamkollegen von Udinese Calcio beibrachten, dass man zum Anzug nicht Socken, sondern Kniestrümpfe trägt. Die aktuelle Kicker-Elite hüllt sich in »Strenesse«, und »es kostete schon Überwindung, sich so stylen zu lassen, wie man sich sonst gar nicht kennt«, seufzte Per Mertesacker (21, 1,98). Wer sich von »Strenesse« anziehen lässt, muss drei Sterne auf der Brust tragen (für jeden WM-Titel einen), nach Angaben aus der Konzernspitze ist aber noch Platz für einen vierten.
So, das war's schon. Schönen Dank fürs Zuhörn. Wenn Sie eigene Recherche im Internet betreiben möchten, bitte sehr:
www.soccergirlz.de

Artikel vom 17.06.2006