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Deutschland rüstet auf für ein
friedliches Fest mit Freunden

Mehr Platz, mehr Videowände und mehr Fernseher in den WM-Städten

Berlin (dpa). Die WM-Fan-Feste expandieren. Die Massen aus der ganzen Welt, die auf die Straßen und Plätze strömen, brauchen für ihr fröhliches Gemeinschaftserlebnis mehr Raum und mehr Riesenfernseher. Darum planen viele Städte Erweiterungen und den Einsatz zusätzlicher Videowände.

Speziell anlässlich der Partie morgen zwischen Deutschland und Ecuador wird im ganzen Land ein Ansturm auf die Public-Viewing-Plätze erwartet. Die für die offiziellen Partymeilen in den WM-Städten zuständige und mitfinanzierende FIFA unterstützt die Ausweitungen: »Wir haben nichts dagegen. Wir freuen uns, dass es so ein riesiges Fest geworden ist«, sagte FIFA-Mediendirektor Markus Siegler.
Bei den Fan-Festen erlebten die Besucher schon in der ersten WM- Woche das Motto »Die Welt zu Gast bei Freunden« hautnah. Die anfangs gefürchteten Briten eroberten friedlich den Frankfurter Römerberg; Berlin war dank der Brasilianer und Schweden tagelang in Gelb getaucht. Und »Stuttgart is van ous«, Stuttgart gehört zu uns, jubelten die Oranje-Fans aus Holland. Vor dem Kölner Dom wummerten afrikanische Trommeln, und die Deutschen lachten herzlich darüber, wie schnell die ghanaischen Fans die Sprache der Gastgeber gelernt haben: »Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin«, skandierten die Afrikaner nach dem 2:0 über Tschechien.
Die magische Anziehungskraft hatte die WM-Meilen während des Deutschland-Spiels gegen Polen aus allen Nähten platzen lassen. In Berlin kamen an diesem Abend mehr als 500 000 Menschen zusammen, seit WM-Beginn feierten dort bereits 2,5 Millionen Fans. In der Hauptstadt wie auch an anderen Spielorten mussten die Zugänge aus Sicherheitsgründen zeitweise gesperrt werden.
In den Dortmunder Westfalenhallen sollen weitere Großbildschirme aufgestellt werden, so dass die Besucherzahl um 13 000 auf 45 000 erhöht wird. Beim Spiel Schweden gegen England wird es auf der rechten Rheinseite auf dem Deutzer Festplatz mehr Raum für dann bis zu 35 000 Fans geben; Leipzig würde gern erweitern, hat aber auf dem umzäunten Augustusplatz nicht mehr Platz als für 15 000 Menschen.
Berlins Senatssprecher Michael Donnermeyer lässt den Markt für neue Videowände durchchecken. Eine Ausdehnung der 2,5 Kilometer langen und damit größten WM-Meile Deutschlands über den Kreisverkehr der Siegessäule hinaus ist aber wegen des drohenden Verkehrschaos nicht möglich.
»Es ist ja schon fast wie im Karneval«, sagte der Sprecher der Stadt Gelsenkirchen, Martin Schulmann, zur Stimmung auf der Glückauf-Kampfbahn. »Kaiserslautern ist proppenvoll« berichtete ein Polizeisprecher aus der kleinsten WM-Stadt. Am Samstag strömten mehr als 100 000 Besucher - so viele Einwohner hat Kaiserslautern - Richtung Betzenberg und zu den WM-Partys.
Die Sicherheitslage war bisher bundesweit ruhig. Nach übereinstimmenden Polizeimeldungen geht die größte Gefahr in der Menge häufig von Taschendieben aus. Einmal nur, in Dortmund beim Spiel Deutschland gegen Polen, gab es heftige Auseinandersetzungen mit Hooligans. In Berlin wird seit gestern gegen fünf Berliner Polizisten wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzung im Amt ermittelt. Die Beamten sollen am Samstag einen türkischstämmigne 21-Jährigen auf der WM-Meile zusammengeschlagen haben sollen.
Insgesamt stellte das Bundesinnenministerium in Sachen Disziplin ein gutes Zeugnis aus: »Es herrscht eine sportliche und fröhliche Stimmung«, sagte ein Sprecher. Die riesige Mehrheit der Fans will nichts anderes als Fußball schauen, jubeln, trinken, essen, feiern - und singen. »Die Leute singen, nicht nur im Stadion, sondern auch auf der Straße«, sagt der Musikpsychologe Günther Rötter. Das ausgesprochen umfangreiche Lieder-Repertoire schaffe ein schönes Wir-Gefühl.

Artikel vom 19.06.2006