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»Spielregeln« der fleißigen Helfer

250 Aushilfen kümmern sich während des Turniers um die VIPs

Von André Best
Halle (WB). Wenn den Prominenten und »wichtigen« Gästen das Essen im VIP-Zelt serviert wird, muss jeder Handgriff sitzen. 250 Aushilfen - von Schülern und Studenten bis zu Hausfrauen und Kaufleuten - kümmern sich bei den Gerry Weber Open um die »Very Important Persons« vor und hinter den Kulissen.

Philipp Niesmann (20) aus Werther und Corinna Vielmeyer (20) aus Steinhagen sind in diesem Jahr zum ersten Mal dabei. Die beiden Abiturienten arbeiten als Servicekräfte im VIP-Zelt. »Ein klasse Job, aber auch harte Arbeit«, sagt Philipp Niesmann. Die beiden wollen Erfahrungen sammeln. Auch Anastasia Nürnberg (23) serviert den Promis die feinsten Weine und das leckerste Essen. Wenn nicht gerade Tennis auf Rasen gespielt wird, arbeitet die junge Frau in der Rechtsanwaltskanzlei Dirk Wollnik in Halle.
Verantwortlich für die richtige Auswahl des Personals und den reibungslosen Ablauf vor, während und nach der Gerry Weber Open ist Gudrun Frensch-Groß. Die 50-Jährige ist Geschäftsführende Gesellschafterin der Agentur frensch&friends mit Sitz in Bielefeld. Für die Agenturchefin ist es jedes Jahr eine neue Herausforderung, die »richtige« (Service)-Mannschaft »aufzustellen«.
Seit Monaten laufen die harten Auswahlverfahren. »Bei uns bewerben sich Schüler, Studenten, Hausfrauen, aber auch Bankkaufleute, Kfz-Mechaniker und Arbeitslose im Alter von 18 bis 66 Jahren«, sagt Frensch-Groß. Ihr Job ist es, aus etwa 450 Bewerbern die besten 180 Zwei-Wochen-Mitarbeiter zu finden. Hinzu kommen 30 Prozent Stammpersonal. Gudrun Frensch-Groß muss herausfinden, welche Bewerber für welche Jobs in Frage kommen. Das Spektrum ist groß. Es reicht von Mitarbeitern für die Theke, dem Abräumer, der Serviceleitung bis hin zu Köchen, Küchenhilfen und Getränkelogistikern.
Das Einstellungsverfahren ist so hart wie im wirklichen Berufsleben: schriftliche Kurzbewerbung, Vorstellungsgespräch, praktischer Test mit Benotung, unter Umständen Schulungen. Bevor der auf zwei Wochen befristete und durchaus gut dotierte Arbeitsvertrag winkt (je nach Aufgabengebiet bis zu 200 Euro am Tag), müssen die Bewerber ein regelrechtes Casting durchlaufen. Dabei werden Dienstleistungsphilosophie und die »Spielregeln« erläutert. Kleidung, Auftreten, Höflichkeit und Menschlichkeit stehen ganz oben auf der Liste. Was zu tun ist, wenn der Aschenbecher plötzlich herunterfällt, sich der Prominente den Erdbeer-Nachtisch auf das weiße Boss-Hemd kleckerte oder der VIP überraschend einen Hustenanfall bekommt - das lernen die Aushilfskräfte natürlich auch.
»Für uns ist es wichtig, dass die Mitarbeiter sehr menschlich und natürlich sind. Denn von Maschinen möchte keiner bedient werden«, sagt Gudrun Frensch-Groß. Trotzdem gibt es Tabus: Promis anzusprechen oder sie gar bei der Arbeit um ein Autogramm zu bitten, ist grundsätzlich verboten. Schließlich arbeiten im VIP-Zelt keine Fans, sondern professionelle Zwei-Wochen-Mitarbeiter.

Artikel vom 15.06.2006