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Ohne Schmerzen das
Leben zu Ende bringen

Ärzte und Krankenkassen schließen Vertrag in Bielefeld

Bielefeld (gge). Damit todkranke Menschen die letzte Zeit ihres Lebens möglichst schmerzfrei zu Hause verbringen können, haben die Initiative Bielefelder Hausärzte und das Arztnetz MediOWL mit fünf gesetzlichen Krankenkassen eine Vereinbarung zur besseren palliativen (leidenslindernden) Versorgung geschlossen.

»Sterben ist ein normaler Prozess«, so Dr. Hans-Jürgen Flender gestern bei der Vorstellung des neuen Konzeptes mit bundesweitem Vorbildcharakter. 110 Mediziner, darunter 70 Hausärzte, sind dem Vertrag mit Billigung der Kassenärztlichen Vereinigung bereits beigetreten. Sie haben sich verpflichtet, zur Weiterbehandlung »austherapierter« Patienten, die nicht im Krankenhaus oder einem Hospiz versorgt werden, kompetente Meinungen von Kollegen einzuholen. Hierfür wurde eigens eine 24-Stunden-Hotline eingerichtet.
Als Krankenkasse sind dem sozialen Netzwerk bislang beigetreten: die AOK Westfalen-Lippe, der BKK Landesverband NRW, die Vereinigte IKK, die Landwirtschaftliche Krankenkasse NRW und die Knappschaft. Die Verbesserung der pflegerischen Versorgung wird von ihnen in individuellen Verträgen mit ambulanten Pflegediensten geregelt. Der Vertrag zur Integrierten Versorgung (IV) ist zunächst befristet bis Ende des Jahres. Sein Erfolg soll bei den Ärzten per Fragebogen und durch unabhängige Wissenschaftler der Universität Bielefeld (die allerdings noch gefragt werden müssen) überprüft werden.
»Wir haben versucht, alle Krankenkassen mit ins Boot zu kriegen, bei den Ersatzkassen ist es uns noch nicht gelungen«, erklärte Dr. Hans-Ulrich Weller als Sprecher der Ärzteschaft. Wettbewerbsförderung, wie vom Gesetzgeber erwünscht, könne indes nicht das Motiv sein, tätig zu werden.
Mit 300 Palliativ-Patienten pro Jahr in Bielefeld gibt es derer genauso viele wie Ärzte am Ort. Jeder Hausarzt betreut im Durchschnitt einen Patienten pro Quartal. »Hier geht es nicht ums Geldverdienen«, erklärte Harmut Baumgärtner von der IKK und begrüßte die neue Vereinbarung. 9000 Euro Sonderhonorar im Jahr würden als sinnvolle Ausgabe angesehen und »gerne mitgetragen«.

Artikel vom 14.06.2006