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»Wir sind bei Steffi Graf am Ball«

Ralf Weber, Turnierdirektor der Gerry Weber Open: Sein Geheimfavorit heißt Söderling

Halle (WB). Ein zufriedener Hausherr, der im Gerry-Weber- Stadion noch mehr als bisher auf die Karte Sport setzen will, sieht sich nach den ersten Tagen der 14. Gerry Weber Open bestätigt. Ralf Weber würde gern Steffi Graf und Basketball-Superstar Dirk Nowitzki nach Halle holen, das Rasenturnier ausbauen und steht den angekündigten Veränderungen im Welttennis aufgeschlossen gegenüber. Über Pläne und Wünsche sprach er mit WESTFALEN-BLATT-Redakteur Hans Peter Tipp.

Am Sonntag waren 16 000 Zuschauer auf der Anlage, an einem Tag, an dem das Turnier noch gar nicht begonnen hat - mehr als im Vorjahr am Endspieltag und doppelt so viele wie am gut besuchten Childrens Day. Können Sie das erklären?Weber: Das hängt auch damit zusammen, dass viele nicht tennisinteressierte Zuschauer kommen, um am Tag der Offenen Tür einen Eindruck vom Ambiente zu bekommen und die Atmosphäre zu schnuppern. Wir machen das seit vielen Jahren, und es zeichnet uns aus, dass wir nicht wie bei vielen anderen Turnieren am Samstag und Sonntag jeden Einzelnen per Handschlag begrüßen können.
Aus 2 mach 1 hieß es bei der Champions Trophy in diesem Jahr - ein Modell mit Zukunft?Weber: Wir wollen auch dabei unsere 12000er-Kapazität annähernd füllen. 7000 bis 8000 Zuschauer sollten bei diesen Schaukämpfen schon kommen. Mit Einzelspielen gelingt das wohl nur mit Boris Becker oder Steffi Graf, bei der wir für 2007 am Ball sind. Ohne einen von beiden einzubinden, werden wir das in dieser Form sicher nicht mehr machen.
Worauf dürfen sich die Besucher in Zukunft freuen - mit Ausnahme der 15. GWO?Weber: Wir sind dabei, uns breiter aufzustellen. Das Thema Handball wird uns in 2007 - nicht nur wegen der WM im kommenden Jahr das Sport-Highlight - schwerpunktmäßig begleiten. Es wird neben der WM Länderspiele sowie den QS-Supercup geben und die absoluten Topspiele des TBV Lemgo gegen Hamburg, Kiel und Flensburg.
Kontakte bestehen auch zu den Pader-Basketballern.Weber: Wir fangen die Zusammenarbeit zunächst mit zwei Spielen an, um zu schauen, wie das funktioniert. Ich verspreche mir sehr viel davon, weil Basketball eine Sportart ist, die ein etwas jüngeres Publikum anspricht. Wir sind aber mit dem Vorstand der Baskets einer Meinung, dass man zwischen 6000 und 8000 Karten verkaufen kann. Wir haben weiter die Volleyball-Pokalendspiele, vielleicht einen Beachvolleyball-Event, und wir sind sehr an einem Basketball-Länderspiel mit Dirk Nowitzki interessiert. Bei einem attraktiven Gegner ist der Tennis-Davis Cup immer ein Thema. Es ist schon so, dass wir deutlich sportlastiger werden in Zukunft.
Und was wünschen Sie sich für ihr Tennisturnier?Weber: Der Sport sollte wieder mehr in den Vordergrund rücken - durch Erfolge der deutschen Spieler. Als Veranstalter habe ich aber die Verantwortung, dass wir Tickets verkaufen, den VIP-Bereich füllen, ein interessantes und attraktives Event hierhin stellen. Deshalb wird das Rahmenprogramm weiter ein große Rolle spielen. Ich denke, wir haben eine gute Mischung gefunden.
Sie wollen mehr Sport im Stadion, der neue ATP-Chef Etienne de Villiers mehr Aktion und Unterhaltung. Wie stehen Sie seinen Plänen gegenüber?Weber: Sie sind für mich die Bestätigung des Trends. Die großen Turniere sollen gestärkt werden, die Turniere, die jetzt schon ums Überleben kämpfen, werden es noch schwerer haben. Ich glaube, bald werden viele Turniere von der Landkarte verschwinden, weil sie die geplante Preisgeldsteigerung von 25 bis 30 Prozent nicht finanzieren können.
Was bedeutet das für die Gerry Weber Open?Weber: Wir haben da keine Probleme. Wenn die Möglichkeit besteht, dass wir profitieren und das Turnier weiter ausbauen können, werde ich jederzeit nach Möglichkeiten suchen.
Einer der neuen Vorschläge lautet, dass mehr Tennisturniere nicht mehr im K.o-System, sondern wie beim Masters in Gruppen gespielt werden sollen. Wie halten Sie davon?Weber: Etwas Besseres, als alle Top-Stars vier oder fünf Tage lang auf den Platz stellen zu können, gibt es doch gar nicht. Ich finde das eine positive Idee, und wenn es zur Abstimmung kommen sollte, würde ich auf jeden Fall für solch ein System plädieren.
Stehen Sie der Idee, die Spieler auf dem Platz mit Mikrofonen auszustatten, ebenso positiv gegenüber?Weber: Bislang hat sich noch niemand davon überzeugt, dass so etwas dem Tennis etwas bringt. Die Emotionsausbrüche von Spielern kann man auch so ganz gut verfolgen - und zwar ohne Mikrofon.
Zurück in die Gegenwart: Was ist die schönste Aufgabe eines Direktors in der Turnierwoche?Weber: Dazu zählt der Umgang und der Kontakt mit den Spielern, der hier in Halle besonders freundlich und herzlich ist. Schön war es beispielsweise, am Montag Roger Federer zu begrüßen, weil er sehr sympathisch ist und man sich über viele Dinge unterhält.
Thema Federer: Wer kann ihm in Halle gefährlich werden?Weber: Mein Geheimfavorit ist Robin Söderling, der Roger vor einem Jahr am Rande einer Niederlage hatte. Tommy Haas wird es sehr schwer haben. Ansonsten wird niemand Federer gefährlich.

Artikel vom 14.06.2006