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1:0 - Neuvilles Dank gilt Odonkor

Krimi in Dortmund: Deutschland siegt in letzter Sekunde - Polen so gut wie raus

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Dortmund (WB). Was für ein Krimi! Erst in der zweiten Minute der Nachspielzeit sicherte Joker Oliver Neuville der deutschen Nationalmannschaft auf Vorlage des ebenfalls eingewechselten Dortmunders David Odonkor den 1:0 (0:0)-Erfolg gegen Polen. Der zweite Sieg im zweiten Gruppenspiel ist wohl die Fahrkarte ins Achtelfinale.

Bundestrainer Jürgen Klinsmann nahm im Vergleich zum Auftaktsieg gegen Costa Rica nur die eine erwartete Umstellung vor: Nach überstandener Wadenverletzung kehrte Michael Ballack in die Startformation zurück. Für den Kapitän räumte Bremens Tim Borowski seinen Platz im Mittelfeld.
Ballack war es auch, der bei der ersten deutschen Einschusschance seine fähigen Füße im Spiel hatte. Nach Zuspiel des Neu-Londoners stellte Miroslav Klose Polens Schlussmann Artur Boruc vor eine schwer zu lösende Bewährungsprobe (10.). Der erste Aufreger in einer Partie, deren Bedeutung das Team von Trainer Pawel Janas mit beim 0:2 gegen Ecuador selten demonstrierter Einsatzbereitschaft unterstrich. Beispielsweise in Person von Jacek Krzynowek, der für ein Foul an Bernd Schneider bereits nach zwei Minuten mit der Gelben Karte bestraft wurde. Während es die Gäste zunächst bei Andeutungen aussichtsreicher Angriffe beließen, fehlten dem gebürtigen Polen Miroslav Klose nach 21 Minuten nur Zentimeter zu seinem dritten Turniertreffer: Eine präzise Flanke von Philipp Lahm köpfte Lukas Podolskis Sturmpartner sowohl an Boruc als auch am gegnerischen Gehäuse vorbei.
Derweil hielt sich die Arbeit für die so oft kritisierte wie sicherer stehende Innenverteidigung der Gastgeber mit zunehmender Spieldauer in überschaubaren Grenzen. Angetrieben von selbst für Dortmunder Verhältnisse extrem extrovertierten Publikum, forcierten die Klinsmänner ihr Offensivspiel und wären vor 65 000 Zuschauern fast mit dem Pausenpfiff in Führung gegangen. Podolski, Schweinsteiger und Lahm lauteten die Stationen eines Bilderbuch-Angriffs, dem Poldi die Krönung versagte. Wieder wäre Boruc chancenlos gewesen, wieder rollte der Ball nicht ins Tor - der letzte Höhepunkt einer sehr intensiv geführten ersten Hälfte.
Ähnlich zwingende Aktionen blieben zu Beginn des zweiten Durchgangs Mangelware. Erneut blieb Rechtsverteidiger Arne Friedrich hinter den Erwartungen zurück und provozierte einen ostwestfälischen Spielertausch. Schon in der 64. Minute wechselte Klinsmann das Sorgenkind aus Bad Oeynhausen aus, beorderte Bernd Schneider auf dessen Position und brachte den Bünder David Odonkor, der das Spiel über die rechte Seite auf Anhieb mit erheblich mehr Leben füllte.
Eine Viertelstunde später bescherte der spanische Schiedsrichter Medina Cantalejo der DFB-Auswahl neben der optischen auch die numerische Überlegenheit: Der Mittelfeldspieler Radoslaw Sobolewski sah wegen wiederholten Foulspiels die Ampelkarte. Klinsmann reagierte auf die veränderte personelle Situation mit einem weiteren Wechsel: Tim Borowski löste den übermotivierten Sebastian Schweinsteiger ab.
Umstellungen, denen gegen die nun allein aufs Verteidigen bedachten Polen ein deutscher Angriffswirbel folgte: Innerhalb einer Minute bot sich erst Philipp Lahm (80.) und schließlich dem für Lukas Podolski eingewechselten Oliver Neuville (81.) die Großchance zum 1:0. Doch beide scheiterten an Polens Bestem: Torwart Artur Boruc. Diesen Doppelpack gab's innerhalb von 60 Sekunden, den nächsten in Sekundenbruchteilen: Klose und Ballack trafen nur das Aluminium, dem anschließende Treffer von David Odonkor blieb wegen Abseitsstellung die Anerkennung versagt (89.). Doch in der zweiten Minute der Nachspielzeit machte David Odonkor alles richtig und legte Oliver Neuville den überfälligen Siegtreffer auf.

Artikel vom 15.06.2006