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So schön ist es im Heidewald

Selecção lockt wieder viele Fans an, doch die Euphorie hat nachgelassen

Von Dirk Schuster
Gütersloh (WB). Die Leistung im ersten Spiel war dürftig, das erste öffentliche Training bot dem Publikum nicht viel. Der regionale Hype um Portugals Nationalelf hat etwas nachgelassen. Bei der zweiten Übungseinheit vor Publikum gestern im Gütersloher Heidewaldstadion blieben sogar einige Plätze frei.

Sieht ganz danach aus, als hätten die Portugiesen ihren Stars die Verspätung und die Distanz, die sie beim ersten Training zu ihnen hielten, übelgenommen. »Das würde mich nicht wundern. Ich hatte auch viel Negatives gehört«, sagte Fan Ricardo Santos. Von seinem Besuch beim zweiten Training der Selecção ließ sich der Portugiese deswegen trotzdem nicht abhalten. Der 34-jährige Gütersloher hatte schon die erste öffentliche Einheit am Pfingstmontag verpasst.
Allerdings aus gutem Grund: »Meine Frau hat an diesem Tag unser zweites Kind zur Welt gebracht«, strahlte Santos. Klar, dass seine Frau Ines und der kleine Elias gegenüber Figo und Pauleta den Vorzug erhielten. »Das Witzige ist: Meine Frau hatte für mich die Eintrittskarte besorgt, damit ich das erste Training sehen konnte. Tja, dann kam etwas dazwischen . . .« Die Eintrittskarte hatte Santos aber nicht weitergegeben. Der Grund: »Das Ticket bewahre ich auf. Es kommt ins Fotoalbum.«
Im Unterschied zur ersten Heidewald-Einheit wählte Nationaltrainer Luiz Felipe Scolari deutlich interessantere Trainingsformen fürs Publikum aus. Vor allem Torschüsse standen auf seinem Plan. Jeder Figo-, jeder Ronaldo-Treffer wurde frenetisch bejubelt. Vergleichsweise verhalten, ja sogar so, als sei es ihnen verboten worden, winkten die Spieler dann und wann verstohlen ins Publikum. Na, hoffentlich hat das der Herr Scolari nicht gesehen . . .
Auch für Antonio Rosado und seine Frau Luisa war ein Besuch im Heidewaldstadion Pflicht. Aus Wetter an der Ruhr waren sie nach Gütersloh gereist, nur, um Deco & Co. aus der Nähe zu bewundern. »Wir haben keine Karten für die Spiele, darum wollten wir unbedingt hierher kommen«, erklärte Antonio Rosado. Nach dem Training ging's zurück nach Wetter. Antonio musste zur Nachtschicht. Die legten Portugals Fußballstars zwar nicht ein. Doch immerhin für gut 90 Minuten verwöhnte die Selecção ihre Fans im Heidewald. Denen hat die Leistung im ersten Spiel gegen Angola ganz und gar nicht gefallen. »Aber wir wollen trotzdem Weltmeister werden«, sagte die Portugiesin Cristina Pereira selbstbewusst. Auch sie schwitzte gestern auf der Tribüne. Was sie so optimistisch macht? »Dass Figo gegen Angola so toll gespielt hat.«
»Portugal ist wie Schalke«, verglich Wetter-Mann Antonio Rosado die ungleichen Teams. »Wir waren auch schon Meister der Herzen. Aber diesmal wollen wir wirklich Weltmeister werden. Wichtig ist, dass wir schon drei Punkte haben.« Und dass Deco wieder fit wird. Gestern absolvierte der Mittelfeldstar wegen seiner Knöchelverletzung Individualtraining. Ob er am Samstag gegen Iran spielen kann, ist offen.

Artikel vom 14.06.2006