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»Solidargeld korrekt einsetzen«

Bund und Ost-Länder halten an Kriterien für Verwendung der Mittel fest

Berlin (dpa). Bei der Verwendung der Solidarpaktgelder müssen sich die neuen Bundesländer auch künftig an die strikten Regeln halten. Das ist das Ergebnis eines Treffens von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) mit seinen Ost-Länderkollegen gestern in Berlin.

Nach Angaben mehrerer Ministerien wird die Definition für Investitionen - anders als von Sachsen-Anhalt und Thüringen gefordert - nicht erweitert. Beide Länder wollten nicht nur Investitionen in die Infrastruktur als zweckgemäßen Einsatz der Gelder bewertet wissen, sondern auch Investitionen für Bildung und Wissenschaft. Stattdessen soll noch stärker gespart werden.
Sachen und Mecklenburg-Vorpommern begrüßten die Beibehaltung der Vorgaben. »Ich bin sehr zufrieden«, sagte Sachsens Finanzminister Horst Metz (CDU). Sachsen ist das einzige Ost-Land, dass die Mittel bislang strikt nach den geltenden Kriterien verwendet hatte. Die Schweriner Finanzministerin Sigrid Keler (SPD) sagte: »Kein Land hat die Notwendigkeit in Frage gestellt, die Haushalte zu konsolidieren.« Dies sei wichtig, weil die Diskussion um die richtige Verwendung der Gelder immer wieder aufkommen werde. »Und jedes Mal wird sie schärfer.«
Steinbrück hatte bereits vor dem Treffen die Forderungen nach großzügigeren Regeln zurückgewiesen. Bei einer Lockerung der Regeln drohten den neuen Ländern »riesige strukturelle Probleme« in den Haushalten, wenn die Förderung 2019 auslaufe. Der für den Aufbau Ost zuständige Minister Wolfgang Tiefensee (SPD) ermahnte die neuen Länder, den unsachgemäßen Einsatz der Gelder sofort zu beenden.
Nach Angaben von Ministerin Keler soll künftig in den jährlichen Berichten zur Verwendung der Gelder stärker der Entwicklungsfortschritt der Ost-Länder beleuchtet werden. »Dies kann dazu beitragen, die Vorwürfe (des zweckwidrigen Einsatzes der Gelder für Verwaltungsausgaben) zu versachlichen«, sagte die Ministerin.
Steinbrück habe darauf hingewiesen, dass sich mit der geplanten Mehrwertsteuer-Erhöhung die Finanzlage der Ost-Länder verbessern werde. Die Neuverschuldung könne damit schneller zurückgefahren werden, erklärte Keler. Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) sagte in der ARD, man habe sich darauf verständigt, die Haushalte noch stärker zu konsolidieren. So müsse künftig bei der Verwaltung noch mehr Personal abgebaut werden.
Der Bund moniert seit Jahren, dass die neuen Länder mit Ausnahme Sachsens die Solidarpaktmittel nicht gemäß den Vorgaben vor allem für Investitionen nutzen sondern teils für die hohen Personal- und Verwaltungsausgaben sowie zur Schuldentilgung. Studien hatten ergeben, dass in den vergangenen Jahren etwa die Hälfte der jährlich mehr als zehn Milliarden Euro zweckentfremdet eingesetzt würden.
Die Schwierigkeiten sind seit langem bekannt und auch in den Koalitionsverhandlungen besprochen worden. Für 2005 bis 2019 umfasst der Solidarpakt II etwa 156 Milliarden Euro Bundesmittel. Die Gelder fließen als Sonderbundesergänzungszuweisungen. Seit Beginn des Solidarpaktes II darf das Geld nur zur Überwindung der Infrastrukturlücke und zur Stärkung der Finanzkraft der Ost-Kommunen eingesetzt werden. Die jüngste Debatte war entfacht worden, nachdem eine weitere Studie belegt hatte, dass zuletzt 5,23 Milliarden von 10,52 Milliarden Euro zweckentfremdet eingesetzt worden seien.
Nach Berechnungen des Bundesfinanzministeriums gaben die ostdeutschen Flächenländer 2004 nur 39 Prozent der 8,5 Milliarden Euro für eine bessere Infrastruktur aus. Zähle man die ebenfalls erlaubte Stärkung der kommunalen Finanzkraft hinzu, seien es zwischen 54 und 59 Prozent. Besonders schlecht schneidet Berlin ab. Das Land habe die Fördermittel zweckentfremdet und komplett zur Finanzierung laufender Ausgaben verbraucht. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 13.06.2006