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Letzte Chance Dortmund:
Maciej Zurawski greift an

Polens Stürmerstar verspricht ganz heiße 90 Minuten

Von Klaus Lükewille
Barsinghausen (WB). Dienstfahrt nach Dortmund. Als der WM-Bus mit der polnischen Fußballnationalmannschaft an Bord gestern Barsinghausen verließ, rollte er gleich hinter dem Ortsausgang noch einmal durch einen Kreisverkehr.

Zwei rot-weiße Fahnen flatterten da im Wind. Ja, in dem kleinen niedersächsischen Ort am Deister, da zeigen sie Flagge für ihre Gäste. FIFA-WM-Quartier Barsinghausen steht auf einer großen Tafel. Sie sind stolz, dass sie eine der 32 Mannschaften in ihren Mauern beherbergen dürfen.
Die große Frage: Wie lange noch? Im polnischen Quartier, im »Gilde-Sporthotel« Fuchsbachtal, sind die Zimmer bis zum 8. Juli geblockt. Bis zum Tag vor dem Endspiel. Aber jetzt droht den Polen die vorzeitige Abreise.
Heute eine Niederlage gegen Deutschland, dann ist schon nach der Vorrunde alles aus und vorbei. Wie 2002. Mit zwei Niederlagen im Gepäck dürfen und müssen sie zwar am kommenden Dienstag noch einmal antreten, aber nach dem Abschluss-Ball gegen Ecuador hätten sie endgültig ausgetanzt. Diese Partie findet in Hannover statt, da wäre der Rückweg nach Barsinghausen zum schnellen Kofferpacken nicht so weit.
Doch daran will Torjäger Maciej Zurawski (29) noch gar nicht denken. »Sicher, unsere Tabellenlage ist hochgradig gefährlich, aber wir haben in Dortmund eine letzte Chance: Wir müssen Deutschland schlagen, dann sind wir wieder im Rennen.«
Die erste WM-Reise von Barsinghausen ins Revier war ja nicht besonders erfolgreich. Beim 0:2 gegen Ecuador gehörte Zurawski zu den Totalausfällen. Er gibt zu: »Ich bin nie ins Spiel gekommen, ich war ganz schlecht.« Dabei soll der Mittelstürmer Polens bester Fußballer sein. Behauptet jedenfalls Zbigniew Boniek. Er war der letzte Star aus diesem Land, spielte lange Jahre sehr erfolgreich in Italien für Juventus Turin.
Boniek, der mit dem frühen WM-Aus 2002 nur ein Kurzgastspiel auf der polnischen Trainerbank gegeben hatte, glaubte vor dem WM-Anpfiff in Deutschland: »Zurawski kann den Sprung in die internationale Spitze schaffen.« In Gelsenkirchen sah es stark nach Fehlversuch aus. Doch für die entscheidende Partie in Dortmund verspricht Zurawski heute Besserung - wenn ihm Pawel Janas überhaupt die Chance dazu gibt.
Denn auch sein Name könnte nach dem schwachen Auftakt auf der Streichliste stehen. Zurawski will unbedingt dabei sein und verspricht: »Ich werde dann besser spielen.« Was nicht so schwierig sein sollte, denn noch schlechter als gegen Ecuador geht es ja kaum. Fliegen die Polen in der Vorrunde raus, gehört natürlich auch Zurawski zu den beschimpften Versagern in der Heimat. Aber davon würde er nicht so viel mitbekommen, denn hier spielt er seit 2005 nicht mehr.
An seinem neuen Arbeitsplatz in Glasgow genießt der Torjäger nach nur einer Saison schon ein hohes Ansehen. Denn Zurawski garnierte das Meisterstück von Celtic mit 20 tollen Treffern - und erzielte das 1:0 im Derby-Klassiker bei den Rangers. Das werden ihm die Celtic-Fans nie vergessen.

Artikel vom 14.06.2006