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»Gute Form« für eine
ungewöhnliche Bank

Tischlerinnung benotet Design der Gesellenstücke

Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). Erhan Yüksel (25) hätte allen Grund zur Freude: Tischler-Gesellenprüfung vorzeitig bestanden, »sehr gut« für das Gesellenstück und den ersten Preis im Designwettbewerb »Die gute Form«. Einzig: Jetzt sucht Yüksel einen Job, wird nicht übernommen.

Das in Materialmix und unkonventionellem Aufbau herausstechende Gesellenstück, ein multifunktionelles Sitzmöbel in amerikanischem Kirschbaum, hatte der Form-Jury aus Designer, Tischler, Goldschmiedin und Architekt keinerlei Diskussionsstoff geliefert. Obermeister Frank Wulfmeyer: »Das Urteil war einstimmig, erster Platz.« Zeitgemäß gut gearbeitet waren auch die Kommode von Matthias Dettke, eine klassische Konstruktion auf Platz zwei, sowie das Bett von Mark Nigmann, ebenfalls ansprechend im Aufbau und Verarbeitung auf Platz drei. Bei beiden hatte die Jury indes jeweils ein Detail gestört. Bei der Kommode störten Alugriffe das Bild und bei den Nachtkommoden sprengten silberne Alueinschübe den Rahmen. Die 18 Exponate, die am Sonntag in der Lehrwerkstatt des BAJ gezeigt wurden, sollen die gestalterische und kreative Vielfalt im Tischlerhandwerk verdeutlichen. Den angehenden Gesellen soll bei der thematischen Erarbeitung ihrer Werkstücke nahegelegt werden, neben Funktionalität auch Form und Design zu würdigen und Anreize schaffen, sich bereits frühzeitig im Beruf mit Formgebung ebenso zu beschäftigen wie mit handwerklicher Arbeit.
Tischler sind, wie Wulfmeyer unterstreicht, Alleskönner von Kommunikation bis Konstruktion, die Bauhandwerkliches ebenso erledigen wie individuell beim Kunden erarbeitete Einrichtungswünsche. Mit 18 Auszubildenden im Jahrgang hat die Innung in Bielefeld einen Tiefststand erreicht, setzt aber in Zukunft auf steigende Lehrlingszahlen. In fünf Jahren werden Fachkräfte händeringend gesucht. Die Einstellung eines Azubi ist für die größtenteils Kleinbetriebe neben dem Zeit- auch ein Finanzproblem.

Artikel vom 12.06.2006