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Mit Bettlaken erhängt

Erstmals Selbstmorde im Gefangenenlager Guantanamo

Von Michael Christie
Miami (Reuters). Drei Insassen des US-Gefangenenlagers Guantanamo auf Kuba haben nach US-Angaben Selbstmord begangen. Die Araber hätten sich mit Kleidungsstücken und Bettlaken in ihren Zellen erhängt, sagte ein Militärvertreter am Samstag.
Die USA hatten das Lager nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eingerichtet.
Es waren die ersten Selbstmorde von Häftlingen seit der Nutzung des US-Stützpunktes als Gefängnis im Januar 2002. Bislang wurden in Guantanamo dutzende Selbstmordversuche vereitelt, wie die Armee mitteilte. US-Präsident George W. Bush äußerte sich »ernsthaft besorgt« über den Vorfall, der neue Forderungen nach einer Schließung des umstrittenen Lagers nach sich zog. Wegen Guantanamo haben ausländische Regierungen und Menschenrechtsorganisationen die USA in der Vergangenheit wiederholt deutlich kritisiert, darunter auch Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Die drei Häftlinge - zwei Saudiaraber und ein Jemenit - seien leblos in ihren Zellen aufgefunden worden, erklärte das Militär. Wiederbelebungsversuche seien erfolglos geblieben. Die drei Männer waren in der Vergangenheit wiederholt in den Hungerstreik getreten und zwangsernährt worden. Sie hinterließen Abschiedsbriefe, deren Inhalt jedoch nicht veröffentlicht wurde.
Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Selbstmorde eine Reaktion auf die Tötung des Al-Kaida-Anführers Mussab al-Sarkaui seien, erklärte das Militär. Sarkaui war am Mittwoch bei einem US-Angriff im Irak getötet worden. In Guantanamo halten die USA derzeit 460 Insassen unter dem Verdacht fest, Kontakte zur Extremistenorganisation Al Kaida oder zur afghanischen Taliban zu haben.
Es habe sich bei den Selbstmorden eindeutig um eine geplante und keineswegs um eine spontane Aktion gehandelt, sagte der Kommandeur des Gefangenenlagers, Konteradmiral Harry Harris. »Sie sind gerissen. Sie sind erfinderisch. Sie sind von ihrer Sache überzeugt«, sagte er mit Blick auf die Toten. »Sie haben keine Achtung vor dem Leben, weder vor unserem noch vor ihrem eigenen. Ich glaube, das war kein Akt der Verzweiflung, sondern ein Akt der Kriegsführung gegen uns.«

Artikel vom 12.06.2006