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Von Michael Schläger

Bielefelder
Optik

Das Runde muss ins Eckige


Auch Bielefelds Politiker verhalten sich ein bisschen so wie Fußballer. Zwei Jahre der neuen Wahlperiode sind um, die erste Halbzeit nähert sich bald dem Ende, verlief aber bisher ziemlich lahm. Da besinnen sich die Teams im Rathaus auf ihre Spielfreude - und bombardieren die Verwaltung kurz vor dem Pausenpfiff mit Anträgen und Forderungen.
Im Abschluss hapert es allerdings beträchtlich. Das zeigten in dieser Woche die Trainingseinheiten im Schul- und im Jugendhilfeausschuss. Die »Vorlagen« der Verwaltung (im übertragenen und im Wortsinn) zur Erhöhung der Kita-Gebühren oder der Entgelte für die offenen Ganztagsschule werden nicht verwandelt, stattdessen wird noch einmal abgespielt, an den Finanzausschuss, der am Montag mit den Etatschlussberatungen beginnt.
Entgelterhöhungen wollen die Politiker nicht, zeigen in ihren Spielvarianten aber auch keine Alternativen, woher denn das Geld genommen werden soll. Die Finanzpolitiker, eher für robusten Einsatz bekannt, werden Anfang kommender Woche wohl in die Trickkiste greifen, hier und da im milliardenschweren Haushalt noch ein paar Gelder auftun, um die Erhöhungen zu verhindern. Aber man muss kein Prophet sein: Brillante Spielzüge werden dabei nicht zu erwarten sein.
Dabei sind die Spielregeln in der Politik manchmal so simpel wie im Fußball. Dort muss das Runde ins Eckige. Im Rathaus geht es darum, dass die Stadt nicht mehr ausgibt als sie einnimmt. Das haben manche vergessen, wollen den Sennesee bauen, Familienzentren schaffen und Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren, die Eltern unter den Hartz-IV-Empfängern von Zuzahlungen bei Schulbüchern befreien, Ferienspiele in der offenen Ganztagsgrundschule bezahlen und das finanzielle Niveau bei den Leistungsverträgen mit den Wohlfahrtsverbänden mindestens halten. Nebenher soll noch ein Technisches Rathaus entstehen, und um ein neues Hallenbad in Sennestadt kommt man nicht herum.
Ohne Frage, all das ist wünschens- und erstrebenswert. Doch wie beim Fußball darf man seine Kräfte nicht überschätzen. Beim städtischen Haushalt ist nämlich schon jetzt klar: Das Partie wird in die Verlängerung gehen. Zwar kann es gelingen, dass die Stadt 2010 erstmals wieder nur so viel ausgibt wie sie einnimmt. Dafür werden aber bis zu diesem Zeitpunkt Schulden in Höhe von 348 Millionen Euro aufgelaufen sein.

Artikel vom 10.06.2006