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Pawel lacht und redet

Polens Trainer kündigt neuformierte Mannschaft an

Von Klaus Lükewille
Barsinghausen (WB). Ja, ist das denn möglich? Pawel Janas, der das bitterböse Gesicht des polnischen Fußballs zeigt, kann lächeln. Sogar richtig lachen. Dabei ist die Lage ernst.

Der Ort, an dem sich Polens Trainer 48 Stunden vor dem entscheidenden Spiel gegen Deutschland stellt, ist der Situation angepasst: »Klosterstollen« heißt ein stillgelegtes Bergwerk in Barsinghausen. Unterirdisch war auch die Vorstellung der Polen zum Auftakt gegen Ecuador. Im »Zechensaal« soll es jetzt wieder aufwärts gehen.
Janas, der sonst gern schweigt, liefert zum Einstieg einen Monolog von mindestens fünf Minuten. Kern seiner Mitteilungen: Wir sind noch nicht draußen. Wir spielen weiter. Aber wie? »Auf jeden Fall besser als gegen Ecuador.«
Und wie ist die Stimmungslage im Quartier der schwer angeschlagenen Polen? Immer noch Enttäuschung? Vielleicht Wut? Oder etwa Angst? Janas bekennt: »Nach der Niederlage in Gelsenkirchen waren wir natürlich alle schockiert. Aber ich spüre, dass die Atmosphäre von Tag zu Tag besser wird. Meine Leute wollen zeigen, dass sie nicht so schlecht sind, wie sie gegen Ecuador spielten.«
Also: regeneriert, neu motiviert, keine Angst vor dem drohenden Aus? »Nein«, sagt Janas. »Angst? Dieses Wort kenne ich nicht. Wir haben Respekt vor Deutschland, das ist klar. Ich habe gehört, dass Ballack wieder dabei ist. Damit sind die Gastgeber natürlich noch stärker. Aber jeder weiß: Sie haben große Abwehrschwächen.«
Hier wollen die Polen zuschlagen. Janas fordert eine hundertprozentige Vorstellung. Fragen nach der Taktik und der Aufstellung werden natürlich auch gestellt. Doch die beantwortet vor einem so wichtigen Spiel kein Trainer. Janas verrät nur so viel: »Auf mindestens einer Position werde ich die Elf verändern.« Aber es können auch zwei, drei oder sogar vier Wechsel werden. Dabei grinst Janas wieder: »Warten Sie es ab, meine Herren.«
Auch Miroslav Klose und Lukas Podolski stürmen am Mittwoch gegen sein Team. Sie haben sich für Deutschland entschieden und auf den polnischen Pass verzichtet. Ärgert ihn das? Janas: »Was soll ich machen? Diese guten Jungens sind leider weg. Sie haben eine andere Wahl getroffen.«
Welche Konsequenzen der polnische Verband nach einem vorzeitigen WM-Scheitern ziehen wird, ist noch offen. Janas mimt den Gelassenen: »Wir setzen uns nach dem Turnier zusammen. Das war übrigens lange vor der WM so besprochen.«
Die Spieler jedoch haben schon geredet. Ebi Smolarek dementierte energisch, dass es sich da um eine Krisensitzung gegen den Trainer gehandelt habe. »Nein, das war ein normaler Team-Treff.« Und Janas ist sicher: »Wir sind immer noch eine Einheit.« Dazu lachte über dem Bergwerk die Sonne.

Artikel vom 13.06.2006