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Große Hitze schmilzt
den Favoriten England

Gruppe B: Mageres 1:0 gegen Team aus Paraguay

Frankfurt/Main (dpa). Prinz William amüsierte sich prächtig auf der schattigen Tribüne - für Englands müde Fußballstars dagegen war der holprige WM-Start im Glutofen von Frankfurt kein Vergnügen.

»Hauptsache gewonnen, aber wir haben sehr gelitten. Die Hitze hat uns ausgeknockt«, gestand Trainer Sven-Göran Eriksson nach dem erfolgreichen, aber wenig überzeugenden Beginn seiner Abschiedstournee. Die Engländer haben die FIFA gebeten, während der nächsten Partien mehr Wasser am Spielfeldrand zur Verfügung zu stellen. Im Auftaktspiel sei den Profis »ein paar Mal« der Zugriff auf die Flaschen verwehrt worden, erklärte Mittelfeld-Mann Joe Cole.
Beim ersten Spiel im Frankfurter Stadion hatten die Engländer am Samstag rund 70 Liter Wasser getrunken - 50 Liter mehr als bei »normalen« Spielen und bis zu sieben Kilo Gewicht verloren. Die Anzahl der Trinkflaschen sei nicht begrenzt, getrunken werden darf nur in den Spielpausen, so die FIFA. David Beckham schien nach dem glanzlosen 1:0 gegen Paraguay sein Versprechen, den zweiten Titel nach 1966 zu holen, schon zu bereuen. »Ein Sieg im ersten Spiel ist sehr, sehr wichtig, aber wenn wir den Titel holen wollen, müssen wir uns gewaltig steigern«, sagte der Kapitän.
England hat den ersten Schritt getan, ohne dafür ein Tor schießen zu müssen: Paraguays Kapitän Carlos Gamarra (3.) köpfte einen Beckham-Freistoß ins eigene Tor, ersparte den »Löwen« damit einen Fehlstart wie bei der letzten WM (1:1 gegen Schweden) und eröffnete dem Möchtegern-Weltmeister die Chance, bereits im zweiten Gruppenspiel gegen Trinidad &  Tobago den Achtelfinaleinzug perfekt zu machen. Für die Südamerikaner geht es gegen Schweden um alles oder nichts. Trainer Anibal Ruiz sagte: »Nach der Pause haben wir die Engländer kontrolliert. Das macht uns Mut, die zweite Runde zu schaffen.«
Noch lange nachdem Prinz William das Stadion verlassen hatte, war die kollektive Erleichterung im englischen Team zu spüren. »Wir haben drei Punkte, allein das zählt«, sagte Beckham und entschuldigte die enttäuschende Leistung in der zweiten Halbzeit mit der sommerlichen Hitze: »Man kann sich nicht vorstellen, wie heiß es auf dem Platz war. Die fast 30 Grad haben uns fertiggemacht.« Eriksson stimmte der erste Auftaktsieg in seiner Amtszeit zufrieden, »aber wenn wir den Titel gewinnen wollen, müssen wir besser werden. Und wir werden besser spielen«.
Die gut 40 000 englischen Fans unter den 48 000 Zuschauern riefen 20 Minuten vor Spielende lautstark nach Wayne Rooney. Englands Presse schloss sich Volkes Stimme an: »Wir brauchen dich, Rooney«, schrieb der »Sunday Mirror«. Paraguay hat andere Sorgen: Stammkeeper Justo Villar musste schon nach acht Minuten wegen eines Muskelfaserrisses in der rechten Wade vom Feld und fällt mindestens für die Vorrunde aus. Roque Santa Cruz glaubt dennoch ans Achtelfinale. »Wir waren besser als England und werden Schweden schlagen«, tönte der Profi von Bayern München, der nach überstandener Verletzung 90 Minuten durchhielt. »Gegen England fehlte der Biss, aber gegen Schweden werden wir in der Offensive anders auftrumpfen«, versprach der Neu-Dortmunder Nelson Valdez.
England: Robinson - Neville, Ferdinand, Terry, Ashley Cole - Beckham, Lampard, Gerrard, Joe Cole (83. Hargreaves) - Owen (56. Downing), Crouch
Paraguay: Villar (8. Bobadilla) - Caniza, Cáceres, Gamarra, Toledo (82. Núñez) - Bonet (68. Cuevas), Paredes, Acuña, Riveros - Santa Cruz, Valdez
Schiedsrichter: Rodriguez (Mexiko)
Zuschauer: 48 000 (ausverkauft)
Tore: 1:0 Gamarra (3./Eigentor)

Artikel vom 12.06.2006