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Hits und Skandale
prägten sein Leben

Schlagerlegende Drafi Deutscher stirbt mit 60 Jahren

Berlin (dpa). Drafi Deutschers bunte Lebensreise vom gefeierten Schlagerstar bis zum Absturz in Skandale ist zu Ende. Der aus Berlin stammende Sänger und Komponist, der allein schon mit seinem Mega-Hit »Marmor, Stein und Eisen bricht« (1965) vor Jahrzehnten in den Schlager-Olymp aufstieg, starb am Freitag in einer Frankfurter Klinik mit 60 Jahren.
Drafi Deutscher 1969 mit seinen Zwillingen Drafi und Rene. Der Sänger war zweimal verheiratet. Foto: dpa

Erst am 9. Mai hatte Deutscher seinen 60. Geburtstag gefeiert, war aber bald danach mit einem Kreislaufzusammenbruch in ein Krankenhaus in Aschaffenburg gebracht und dann in die Frankfurter Universitätsklinik verlegt worden. Eine Lungenentzündung und eine Infektion kamen hinzu. Zuletzt wurde er auch noch am Herzen operiert. Bereits 1998 hatte der Musiker zwei Schlaganfälle erlitten.
»Drafi Deutscher ist nach zweiwöchiger Krankheit um 8.30 Uhr friedlich von uns gegangen«, sagte sein Manager Gebhard Rothermich. Zu Lebzeiten hatte sich Deutscher selbst als Legende gesehen. Mit dem Schlager »Marmor, Stein und Eisen bricht« habe er ein »Volkslied« geschrieben, das noch in 200 Jahren existieren werde, meinte er einmal. Auch 40 Jahre nach dem ersten Sturm auf die Hitparade ist der Evergreen noch ein beliebter Partyhit. In den USA kam die englische Version in die Charts. Aber auch andere frühe Drafi-Titel wie »Shake Hands« (1964), »Cinderella Baby« (1964), »Nimm mich so wie ich bin« (1966) oder »Heute male ich dein Bild, Cindy Lou« (1965) sind Ohrwürmer geworden.
Nach den Schlaganfällen und erst spät erkannter Diabetes hatte es der »Junge aus dem Wedding«, dem Berliner Arbeiterbezirk, in den letzten Jahren etwas ruhiger angehen lassen als in früheren »wilden Zeiten«, als er keine Party auslassen wollte. »Ich war ein Rebell«, sagte Deutscher oft. Und so landete er nicht nur mit seiner Musik in den Schlagzeilen. Doch der Mann mit einem Hang zu Skandalen erwies sich immer wieder als Stehaufmännchen.
Nach vielen Tops und Flops in seiner über 40-jährigen Schlagerkarriere war der Sänger, Produzent, Komponist und Texter von mehr als 260 Songs bis zum Schluss voll im Geschäft. Noch im Frühjahr 2006 war er mit der »Schlagerstarparade« auf Tour, als ihm dann aber der Kreislauf zu schaffen machte. Deutscher plante noch ein neues Album und schrieb an seinen Erinnerungen.
»Meine Platten gehören eigentlich in jede deutsche Wohnstube«, sagte der Sänger einmal. An Selbstbewusstsein hat es Deutscher in seiner langen Karriere nie gemangelt - auch wenn er privat immer wieder ins Straucheln geriet. Lange Zeit hing ihm ein Vorfall aus den 60er Jahren an, als er nach einem Nackt-Auftritt auf einem Balkon in Berlin wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verurteilt wurde. »Ich war total besoffen«, hatte er später dazu erklärt.
Unter anderem Namen hat der Komponist und Produzent, der zu den erfolgreichsten deutschen Songschreibern gehörte, auch viele Hits für Kollegen geschrieben, so für Boney M. (»Belfast«, 1977), Bino (»Mama Leone«, 1978), Peggy March (»Fly Away Pretty Flamingo«, 1977), Tina Rainford (»Silverbird«, 1976) oder Nino de Angelo (»Jenseits von Eden«, 1983). Ein großer Erfolg war 1987 das Projekt »Mixed Emotions«, ein Duo zusammen mit Oliver Simon. Als Kinderbucherzähler mit viel Einfühlungsvermögen erwies sich Drafi Deutscher zum Beispiel mit der CD »Der erste bunte Regenbogen«.

Artikel vom 10.06.2006