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Erste Stücke der
Canossa-Schau
eingetroffen

Fragmente verlassen Frankreich

Von Manfred Stienecke
und Wolfram Brucks (Foto)
Paderborn (WB). Der Aufbau der großen »Canossa«-Ausstellung geht in seine heiße Phase. Am Freitag traf der erste große Transport mit Exponaten aus dem französischen Kloster Cluny in Paderborn ein.

Das Paderborner Museum in der Kaiserpfalz, eines von drei Häusern der Schau »Canossa 1077 - Erschütterung der Welt«, erhält 25 Fundobjekte mit insgesamt 62 Einzelfragmenten aus dem im elften Jahrhundert gegründeten und schnell zum mächtigsten Kloster der Christenheit aufgestiegenen Kloster Cluny in Burgund. Das zur Zeit der Französischen Revolution von aufständischen Milizen gesprengte Gebäude ist heute nur noch als Ruine erhalten - die reichhaltige romanische Ausstattung von Kloster und Kirche wurde förmlich »pulverisiert«.
Umso faszinierender sind die geretteten Fundstücke, darunter ein Fensterteil der gewaltigen Chorschranken, hinter denen einst bis zu 400 Mönche Platz fanden. Auch Fragmente von Reliefplatten, Kapitellen und figürlichen Dekoren sowie Teile der Grabstelle des einstigen Abtes Hugo von Cluny sollen in der Kaiserpfalz von der Bedeutung der Klosteranlage künden.
Neben König Heinrich IV. und Papst Gregor VII., die 1077 in der norditalienischen Burg Canossa die Machtverhältnisse zwischen Königs- und Papsttum zugunsten der Kirche neu klärten, sowie der Gastgeberin des historischen Treffens, Mathilde von Tuszien, widmet die Ausstellung in der Kaiserpfalz dem Abt von Cluny als vierter wichtiger Persönlichkeit jener Zeit ein Kabinett. Hugo von Cluny hatte sich als Taufpate Heinrichs IV. besonders um die Vermittlung des geschichtsträchtigen Treffens bemüht.
Die Fragmente seines Grabmals haben für die Mittelalter-Schau vom 21. Juli bis zum 5. November in Paderborn erstmals das Kloster in Burgund verlassen und werden in ganz neuer »Inszenierung« dorthin zurückkehren. In der Paderborner Restaurierungswerkstatt »ars colendi« werden passende Bruchstücke reversibel zusammengefügt und in einen geeigneten Präsentationsrahmen gebettet, der künftig in der Dauerausstellung in Cluny seinen Platz finden soll. »An den eingelagerten Fundstücken ist zum Teil bisher noch nichts gemacht worden«, erläutert Restaurator Matthias Rüenauver. »Sie besitzen fragile Oberflächen und müssen von teilweise starker Verschmutzung gereinigt werden.«
Der von Abt Hugo 1088 in Angriff genommene Bau der mächtigen Klosteranlage besaß die lange Zeit größte Kirche der Christenheit, deren Dimensionen mit einer Länge von 180 Metern, zwei Querschiffen und sechs Türmen erst 1506 mit dem Neubau des Petersdoms in Rom übertroffen wurde. »Wir sind mehrfach in Cluny gewesen und haben die Objekte vor Ort selbst ausgesucht«, zeigte sich der Leiter des Paderborner Pfalzenmuseums, Dr. Matthias Wemhoff«, am Freitag glücklich über die Ankunft des Transports. »Das sind Dinge, die Spaß machen - wenn man bei der Konzeption einer Ausstellung noch forschen und selbst etwas entwickeln kann.«

Artikel vom 10.06.2006