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»Ein Neuaufbau braucht Zeit«

Interview mit Arminias scheidendem Amateurtrainer Igor Lazic

Bielefeld (WB). Anderthalb Jahre zeichnete Trainer Igor Lazic für den »Ausbildungsbetrieb« DSC Arminia II verantwortlich. Jetzt verabschiedete sich der 38-jährige ehemalige Profi mit dem 10. Tabellenplatz aus Bielefeld. Sein auslaufender Vertrag wurde nicht verlängert. Sportredakteur Werner Jöstingmeyer führte zum Saisonabschluss mit Igor Lazic das folgende Interview.

Herr Lazic, das Fazit vorweg. Wie sehen Sie Ihre Zeit bei Arminia Bielefeld?Igor Lazic: Trotz zahlreicher Probleme durchaus positiv. Unterm Strich war es eine schöne Zeit. Ich habe viele neue Freunde gewonnen. Zudem kann ich rein sportlich mit dem zehnten Oberliga-Rang unter schwierigen Bedingungen zufrieden sein. Mein Engagement bei Arminia habe ich zu keiner Zeit bereut.

Mit Ihrem Kollegen Michael Piwowarski traten Sie im Januar 2005 als Doppelspitze an. War das eine glückliche Lösung?Igor Lazic: Ich sollte eigentlich nach außen der Frontmann sein, aber für meinen Kollegen war das nicht klar und er hat es auch nicht immer akzeptiert. Dennoch ist Piwowarski ein guter Mann. Nur die Zusammenarbeit hat nicht gepasst.

War das auch ein Grund, dass Arminia vor einem Jahr aus der Regionalliga abgestiegen ist?Igor Lazic: In der Rückserie konnten wir die vielen Probleme nicht beheben. Die Mannschaft war in sich zerstritten. Es gab zu viele Parteien im Team. Zudem schwebte noch immer der Geist von unserem Vorgänger Maik Walpurgis über der Mannschaft. Ein Neuaufbau braucht seine Zeit.

In der Abteilungsführung war vom sofortigen Wiederaufstieg die Rede. Warum kämpften Sie stattdessen auch in der Oberliga so lange gegen den Abstieg?Igor Lazic: Ich habe nie vom Wiederaufstieg gesprochen. Man muss einer so jungen Mannschaft mindestens zwei Jahre Zeit geben. Schließlich hatten uns zahlreiche Leistungsträger wie Holsing, Grieneisen, Rump, Mehr oder Meyer verlassen. Mein Ziel war es Arminia zunächst in der Oberliga zu etablieren, um dann im zweiten Jahr oben anzugreifen. Aber leider kann ich diese Arbeit jetzt nicht fortsetzen. Ich wünsche meinem Nachfolger, dass er die Fäden weiterziehen kann.

Die Frage sei erlaubt. Was ist anfangs schief gelaufen?Igor Lazic: Es gab keine richtige Zusammenarbeit im Bundesliga-Unterbau. Rapolders System wurde nicht umgesetzt, weil es dazu nur eine Besprechung gab. Jeder verfolgte im Amateurbereich eigene Interessen. Dazu wurde im Verein das durchaus vorhandene Potenzial eindeutig unterschätzt. Und dann noch diese katastrophalen Trainingsbedingungen.

Räumen Sie selbst auch eigene Fehler ein?Igor Lazic: Vielleicht war ich zu den Spielern ein bisschen zu lieb, um meine Erfahrungen transportieren zu können.

Nur 18 Punkte in der Hinserie, aber 24 Zähler in der Rückserie. Wo sehen Sie den Unterschied? Igor Lazic: Der Schlüssel zum Erfolg wurde im Trainingslager in der Türkei gelegt. Dort ist das Team richtig zusammengewachsen. Die Jungs haben den Aufenthalt teilweise selbst finanziert. Das zeigt, dass sie bereit waren alles für den Erfolg zu tun.

Tim Danneberg ist bereits Profi geworden. Wer könnte noch den Sprung schaffen?Igor Lazic: Nils Fischer. Er ist ein echter Kämpfer. Zlatko Janjic verfügt als Abwehrspieler über gute technische Fähigkeiten. Zudem kann er Tore machen. Auch Torwart Pascal Formann hat sich gut entwickelt.

Wie schätzen Sie die Talente Wieczorek, Yildiz und Loose ein?Igor Lazic: Wieczorek verfügt über ein riesiges Potenzial. Aber er braucht Unterstützung. Er ist kein Führungsspieler. Yildiz ist zu sehr Individualist. Seine Art entspricht nicht dem heutigen Fußball. Und Loose fehlt die Ernsthaftigkeit. Wenn er den Sprung jetzt in Schalke nicht schafft, wird er nie ein Profi.

Waren die so genannten Leihgaben aus dem Profibereich Verstärkungen?Igor Lazic: Nicht alle haben uns geholfen. Die Ausnahmen waren Leon und Porcello. Dabei sollte es für alle Profis eine Selbstverständlichkeit sein, zur Erlangung von Spielpraxis auch bei den Amateuren ihr Bestes zu geben. Da ist Borussia Dortmund weiter als Arminia. Selbst ein Jan Koller scheut sich nicht in der Oberliga zu spielen, um fit zu werden.

War es für Sie überraschend, dass Dortmund II den Wiederaufstieg schaffte?Igor Lazic: Ich hatte Verl oder Gütersloh ganz vorne gesehen. Aber es freut mich für meinen Kollegen Theo Schneider, dass er Meister geworden ist.

Hatten Sie die drei Absteiger auf der Rechnung?Igor Lazic: Für VfB Fichte tut es mit sehr leid. Trotz aller Rivalität sind mir die Bielefelder Jungs lieber als Rheine oder Erkenschwick. Siegen II war nicht stark genug. Überrascht hat mich der Abstieg von Schermbeck. Ich hatte mit Emsdetten gerechnet.

Wie sehen jetzt Ihre Zukunftspläne aus?Igor Lazic: Es gibt zwei Anfragen aus dem ehemaligen Jugoslawien und eine aus der süddeutschen Regionalliga. Zudem werde ich im August Vater. Auf diese Herausforderung freue ich mich besonders. Außerdem habe ich mich für den Fußballlehrer-Lehrgang 2007 angemeldet.

Behalten Sie Arminia Bielefeld in guter Erinnerung?Igor Lazic: Auf jeden Fall. Ich hatte eine tolle Zusammenarbeit mit Hannes Scholz und Carsten Fischer. Auch Finanz-Geschäftsführer Roland Kentsch hat mich hundertprozentig unterstützt. Vielleicht sieht man sich ja noch ein zweites Mal im Leben.

Artikel vom 10.06.2006