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Von der Körber-Stiftung ausgezeichnet: die psychologische Beraterin Sigrid Sierleja.

Kraft der Sprache lässt Menschen aufblühen

Bielefelderin beim Transatlantischen Ideenwettbewerb erfolgreich

Von Christina Ritzau (Text und Foto)
Bielefeld (WB). »Auf der Suche nach dem roten Faden« - für ihre Idee zur »Biographiearbeit mit älteren Menschen als Hilfe in schwierigen Lebenslagen« wurde die psychologische Beraterin Sigrid Sierleja beim Transatlantischen Ideenwettbewerb USable (zu deutsch: gut, nützlich) von der Körber-Stiftung Hamburg ausgezeichnet.

Vor etwa zehn Jahren fing für Sigrid Sierleja alles mit einer kleinen Annonce in einer Kölner Tageszeitung an. Diese war der Auslöser dafür, dass die heute 51-Jährige ihre Begeisterung für Poesie- und Bibliotherapie entdeckte. »Ich sah darin eine Möglichkeit, meine Liebe zum Wort und mein Interesse für Menschen zu verbinden«, erklärte Sigrid Sierleja im Vorwort zu einem 1999 in der damals existierenden Zeitschrift »Impressum« erschienen und von ihr verfassten Text über die in Deutschland noch weitgehend unbekannte Therapieform, die in Amerika hingegen schon lange etabliert ist.
Wie der Name vermuten lässt, handelt es sich dabei um eine in der Poesie versteckte Therapieform. Durch die Arbeit mit fremden oder selbstgeschriebenen Texten sollen Menschen problematische oder traumatische Erlebnisse verarbeiten und bewältigen, dadurch mehr über die eigene Identität erfahren und so einen Zugang zu sich selbst finden. »Es geht darum, die Heilkraft der Sprache zu nutzen«, erklärt Sigrid Sierleja.
Wie genau das möglich ist, lernte sie in einer berufsbegleitenden Weiterbildung am Fritz Perls Institut in Düsseldorf. Im April 2003 nutzte die psychologische Beraterin und frisch gebackene Poesietherapeutin ihre theoretisch erworbenen Erfahrungen erstmalig auf praktischer Ebene. Bei der Frauenberatungsstelle in Gütersloh war sie für die psychologische Begleitung und Sozialberatung zuständig. Dort begann die 51-Jährige, ihre eigenen Texte in die pädagogische Arbeit mit einzubeziehen und half so zweieinhalb Jahre lang ihren Patienten, das Schreiben zur Lebenshilfe zu machen.
Anfang 2006 verlagerte sich der Schwerpunkt Sigrid Sierlejas Arbeit auf die Betreuung von Demenzkranken. Als ehrenamtliche Mitarbeiterin hilft sie seitdem bei der Betreuung von Senioren im Aktivitätszentrum der AWO an der Meinolfstraße. Neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit in der eigenen Praxis für psychologische Beratung und Begleitung in der Johanneswerkstraße 9 macht die 51-Jährige jetzt bei der Arbeiterwohlfahrt eine Ausbildung zur Seniorenbegleiterin. »Mir ist die persönliche Ebene, auf der ich mit den Menschen arbeite, sehr wichtig«, betont Sigrid Sierleja.
Ihre Biografiearbeit mit Senioren lieferte der Bielefelderin ein interessantes Thema für den Transatlantischen Ideenwettbewerb USable der Körber-Stiftung Hamburg. »Eine Freundin hat mir vorgeschlagen, mich dort anzumelden und ich bin darauf eingegangen«, erinnert sie sich an den Oktober letzten Jahres zurück. Dass ihre Idee derartigen Anklang finden würde, ahnte die psychologische Begleiterin zu dem Zeitpunkt noch nicht. Umso größer war die Überraschung, als im März 2006 ein Schreiben der Körber-Stiftung in ihrem Briefkasten landete, das sie über einen zugesprochenen Ideenpreis von 500 Euro informierte. Sigrid Sierleja wurde zusammen mit 79 weiteren Preisträgern aus dem gesamten Bundesgebiet aus rund 300 Teilnehmern ausgewählt zur Preisverleihung in das Berliner Konzerthaus eingeladen.
Und auch für die kommende Zeit hat Sigrid Sierleja schon wieder eine Menge kreativer Pläne. »Es wäre schön, als Poesietherapeutin in einer Klinik zu arbeiten oder im Rahmen eines ambulanten Projektes mit der AWO oder Caritas zu kooperieren«, schwärmt die 51-Jährige, der eines an ihrer Arbeit ganz besonders gefällt: »Es ist toll, zu sehen, wie die Menschen aufblühen.«
sisie43@yahoo.de

Artikel vom 04.07.2006