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»Hermannshöhen« haben Erfolg

Interview mit Ute Dicks, Geschäftsführerin des Deutschen Wanderverbandes

Detmold (WB). ie »Hermannshöhen«, kürzlich von NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben eröffnet, sind das neue touristische Aushängeschild für Ostwestfalen-Lippe.
Naturfreunden wird damit ein Wandererlebnis mit stark verbesserter touristischer Infrastruktur geboten. Ute Dicks, Geschäftsführerin des Deutschen Wanderverbandes mit Sitz in Kassel, sagt den »Hermannshöhen« im Gespräch mit Thomas Albertsen eine gute Zukunft voraus.

Der Wanderer wird seit einigen Jahren wieder stark umworben. An welche Zielgruppe richten sich die »Hermannshöhen«?
Dicks: »Es gibt in Deutschland nicht den Wanderer. 40 Millionen Menschen in unserem Land schnüren gerne die Wanderstiefel. Dazu zählen die Sonntagsspaziergänger ebenso wie die Kilometerfresser. Der Vorteil der »Hermannshöhen« liegt darin, dass sie ein sehr breites Publikum ansprechen.«

Krachlederne, Hut mit Gamsbart und Stock -Êdieses spießige Image der Wanderer ist Vergangenheit. Wie kam es zu diesem Stimmungsumschwung?
Dicks: »Das kann man nur verstehen, wenn man den gesellschaftlichen Wandel im Auge behält. Computer und Medien vereinnahmen den Menschen immer mehr. Gleichzeitig haben Umwelt und Natur einen höheren Stellenwert erhalten. Beim Wandern kann man prima abschalten und die Landschaft aktiv genießen. Der moderne Wanderer erwartet unterwegs anspruchsvolle Wellness-Hotels und gute gastronomische Angebote, die seinem Lebensstil entsprechen. Er wandert GPS-unterstützt und ist eher an zeitgemäßer, atmungsaktiver Kleidung als an traditionellen Klischees interessiert. Wandern ist und bleibt aber auch ein ganz besonderes Heimaterlebnis.«

Welche Rolle spielt das Wandern demzufolge in der Touristik-Wirtschaft?
Dicks: »Wandern hat besonders im Kurzreisebereich einen hohen Stellenwert und und ist damit die logische Ergänzung zum Wellness-Boom. Zur Vermarktung sollte also jede Ferienregion über einen sogenannten ÝLeuchtturm-WegÜ verfügen. 87 solcher Wege gibt es derzeit bundesweit, so dass unser Slogan ÝWanderbares DeutschlandÜ wirklich mit Leben erfüllt ist.«

Wodurch zeichnen sich in diesem Kontext die »Hermannshöhen« aus?
Dicks: »Die ÝHermannshöhenÜ sind anders als der Rothaarsteig eine ganze Wanderregion. Unter der Dachmarke finden die Wanderer mit dem Hermannsweg und dem Eggeweg zwei traditionsreiche Wanderwege. Um international punkten zu können, müsste der Hermannsweg aber endlich mal zertifiziert werden. Darüber hinaus gibt es ein ergänzendes Netz von alternativen Wanderwegen in der Region, so dass auch attraktive Rundwege gelaufen werden können. In diesem Zusammenhang muss ich auch das ehrenamtliche Engagement in den Trägervereinen loben. Ohne die Menschen, die sich hier engagieren, gäbe es die ÝHermannshöhenÜ in dieser Form nicht.«

Eine Vielzahl von Wegbeschilderungen mit unterschiedlichen Symbolen macht die »Hermannshöhen« aber auch etwas unübersichtlich. Könnte hier das Schmallenberger System der Wegweisung in Wald und Feld durch Schilder mit Richtungs- und Kilometerangaben als Vorbild dienen?
Dicks: »Grundsätzlich halte ich Baummarkierungen für besser geeignet, weil Schilder gerne als Souvenirs geklaut werden. Eine zusätzliche Ausschilderung der Wanderwege analog zum nordrhein-westfälischen System der Radwegebeschilderung wäre natürlich begrüßenswert. Das bundesweit beste System hat man meiner Ansicht nach im Schwarzwald verwirklicht. Weltweit führend ist allerdings die Schweiz. Dort gilt das Wandern als Teilnahme am Verkehr, daher unterliegt die Kennzeichnung der Wanderwege auch dem Verkehrsministerium und wird aus dessen Etat bezahlt. Das sind generell schon einmal bessere Voraussetzungen als in Deutschland, wo Wandern zum Tourismus und damit zum Einflussbereich der Wirtschaftsministerien zählt.

Artikel vom 15.06.2006