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Frühe Spur zu
Adolf Eichmann

BND gab Hinweise nicht weiter

Washington (Reuters). Die deutsche Nachkriegsregierung unter Konrad Adenauer hätte US-Dokumenten zufolge den Nazi-Verbrecher Adolf Eichmann früher aufspüren können.
Adolf Eichmann nach seiner Festnahme.

Anstatt entsprechende Informationen ihrer eigenen Nachrichtendienste zu nutzen, sorgte sie jedoch demnach dafür, dass auch der US-Geheimdienst CIA den Hinweisen nicht nachging. Damit sollte offenbar unter anderem Adenauers enger Mitarbeiter Hans Globke vor weiteren Vorwürfen wegen seiner Nazi-Vergangenheit geschützt bleiben.
Dies geht Historikern zufolge aus CIA-Dokumenten hervor, die jetzt veröffentlicht wurden. Eichmann wurde im Mai 1960 in Argentinien von einer israelischen Spezialeinheit aufgespürt und 1962 wegen Verbrechen gegen die Menschheit und Kriegsverbrechen in Jerusalem zum Tod verurteilt sowie hingerichtet.
Der aus Solingen stammende NS-Funktionär war für die Organisation der Judenvernichtung zuständig und sorgte noch 1944 für die Ermordung von bis zu 200 000 ungarischen Juden.
Den CIA-Dokumenten zufolge informierte der Bundesnachrichtendienst (BND) bereits im März 1958 den US-Geheimdienst darüber, dass Eichmann sich seit sieben Jahren unter dem Decknamen »Clemens« in Argentinien versteckt halte. »Es sieht nun so aus, als ob West-Deutschland ihn 1958 hätte fassen können, wenn es gewollt hätte«, sagte Timothy Naftali, Geschichtswissenschaftler an der Universität Virginia. »Das nun veröffentlichte CIA-Material legt den Schluss nahe, dass es auf den obersten Ebenen der Adenauer-Regierung Bedenken wegen der Informationen gab, die Eichmann bei einer Inhaftierung über Vertraute des Kanzlers ausplaudern könnte.«
Wie aus den CIA-Dokumenten weiter hervorgeht, wurden die BND-Informationen aber nicht an Israel weitergeleitet, obwohl der israelische Geheimdienst Mossad nach Eichmann fahndete.

Artikel vom 08.06.2006