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Menschen in
unserer Stadt
Wolfgang Ziemens
Schulhausmeister a. D.

»Ich wusste gar nicht, dass die Kinder mich so gern haben«, sagt Wolfgang Ziemens ganz gerührt. Fast 17 Jahre lang war das handwerkliche Multi-Talent Hausmeister an der Senner Buschkampschule - und wäre es auch gerne noch länger geblieben. »Aber sie haben mich zwangspensioniert«, scherzt Ziemens, den »seine« Schüler jetzt mit einer höchst liebevoll gestalteten Feier in den Ruhestand verabschiedet haben.
Der »Zwang«, dem sich auch ein noch so engagierter Hausmeister wie Wolfgang Ziemens nicht verschließen kann, ist das Alter: Heute wird er 65 Jahre alt. Und aus diesem Grund kam er um eine »Schulentlassung« nicht mehr herum.
»Die Kleinen haben mir jedoch eine traumhaften Feier bereitet«, sagt er. »Sie haben witzige Sketche einstudiert, in denen sie mir meine Eigenarten vorgespielt haben, kleine Geschenke gebastelt und sogar ein Lied gedichtet«, berichtet der frisch gebackene Schulhausmeister a. D. An das Leben ohne Schulkinder müsse er sich jedoch noch gewöhnen, meint Ziemens. Ehefrau Ilse und sein Hobby, die Modelleisenbahnanlage auf dem Dachboden, sowie viele handwerkliche Vorhaben im eigenen Haus helfen ihm bei diesem »Neuanfang« zum Rentner.
Es ist nicht der erste Neuanfang für Wolfgang Ziemens. Gemeinsam mit seiner Frau war er im September 1989 aus der damaligen DDR nach Bielefeld gekommen. »Wir wollten weg aus Treuenbritzen, und ich hatte gegenüber den Behörden eine Schwester meines Vaters erfunden, zu deren 70. Geburtstag wir eingeladen waren«, erzählt er. »Dass wir endgültig im Westen bleiben wollten, hatten wir nur einem unserer Söhne gesagt.«
Der Grund für den Wechsel der Ziemens in den Westen war pure Angst. Ein junger Russe, der über einen Bekannten in ihre Familie gekommen war, wollte ihre Westkontakte ausnutzen. Das ließ sie fürchten, in die Fänge des KGB geraten zu sein. Der erfundene »Geburtstag der Tante« wurde deshalb zur Ausreise genutzt.
Beim Besuch des Sennefestes kam Wolfgang Ziemens mit dem damaligen Bezirksamtsleiter ins Gespräch, der ihm bei der Suche nach einem Arbeitsplatz half. Und so wurde aus dem Neubürger ein Schulhausmeister. Annemargret Ohlig

Artikel vom 15.06.2006