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Firmen zahlen Studiengebühren

Hochschulen aus OWL starten in Detmold deutschlandweit einmaliges Modell

Von Dietmar Kemper
Detmold (WB). Die Unis und Hochschulen in Ostwestfalen-Lippe wollen mit dem Verein »Studienfonds OWL« Studierende fördern und Hochbegabte in die Region locken.

Über Patenschaften und »Praxis-Schecks« sollen Privatleute, Unternehmen und Organisationen dafür gewonnen werden, die Studiengebühren für ein Semester, ein Jahr oder die ganze Hochschulausbildung zu übernehmen. »Das ist ein deutschlandweit einzigartiges Modell«, sagte Nikolaus Risch gestern nach der Gründungsversammlung in Detmold. Durch finanzielle und berufliche Hilfen sollen etwa fünf Prozent der Studierenden unterstützt werden, erklärte der Rektor der Uni Paderborn, der zum Vereinsvorsitzenden gewählt wurde.
Zur Zeit studieren 45 000 Frauen und Männer an den staatlichen Universitäten und Hochschulen im Regierungsbezirk Detmold. Damit studierwillige junge Leute wegen der vom Wintersemester an fälligen Gebühren (500 Euro pro Semester) nicht abgeschreckt werden, will ihnen der Verein »Studienfonds OWL« mit »attraktiven Rahmenbedingungen« fürs Studium entgegenkommen.
Die Förderung beruht auf drei Säulen: Zum einen wirbt der Verein Spenden ein und finanziert damit Stipendien. Zum anderen wollen die Hochschulen mit Hilfe der Wirtschaft ein Praxis-Scheck-Modell einrichten. Dabei übernehmen Firmen die Studiengebühren und stellen gleichzeitig Praktikumsplätze zur Verfügung. So können sie sich künftige Mitarbeiter heranziehen. »Der Bedarf an Akademikern wird steigen«, sagte der Rektor der Uni Bielefeld, Dieter Timmermann. Die Hochschulen selbst wollen mit den Gebühren-Einnahmen »studienförderliche Jobs« (Mentoren, Tutoren, Teaching-Assistenten) schaffen.
Gefördert werden nicht zuletzt ausländische Studierende. »Sie machen zwölf Prozent aus, sind aber oft vom NRW-Bankdarlehen abgeschnitten«, begründete Timmermann. An der Hochschule für Musik in Detmold kommt die Hälfte nicht aus Deutschland. »Damit Hochqualifizierte aus Russland nicht nach Weimar abwandern, wo sie noch keine Gebühren zahlen müssen, sollten wir sie fördern«, betonte Rektor Martin Christian Vogel.
Zu den acht Gründungsmitgliedern des Vereins gehören neben Risch die Rektoren der vier weiteren Hochschulen: Dieter Timmermann (Uni Bielefeld), Beate Rennen-Allhoff (FH Bielefeld), Tilmann Fischer (FH Lippe und Höxter) sowie Martin Christian Vogel (Hochschule für Musik Detmold). Außerdem engagieren sich in dem Gremium der Herzchirurg Reiner Körfer, Ex-Handball-Nationalspieler Volker Zerbe und der ehemalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer. Zerbe und Körfer erklärten, der Standort OWL verkaufe sich unter Wert und werde durch den »Studienfonds« an Ansehen gewinnen.

Artikel vom 07.06.2006