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Alle 20 Minuten Invasion in der Normandie

Kriegsveteranen und ihre Enkel strömen im Juni ins 360-Grad-Kino in Arromanches

Von Dietmar Kemper
Arromanches (WB). Der »Preis der Freiheit« kostet vier Euro. Alle 20 Minuten wird in dem gleichnamigen Film die Invasion vor 62 Jahren in der Normandie gezeigt. Im Juni strömen besonders viele Amerikaner und Engländer in den kleinen Ort Arromanches an der Küste, um den einzigartigen Dokumentarfilm über die Landung der Alliierten zu erleben.
Originalaufnahme von der Landung aus dem US-Nationalarchiv in Washington.

Frankreichs einziges 360-Grad-Kino, das von außen wie ein Bunker aussieht, zeigt Originalaufnahmen vom D-Day und mischt sie mit aktuellen Bildern der Normandie. Sie führen die Spuren vor Augen, die das größte militärische Landeunternehmen der Geschichte mit mehr als 150 000 Soldaten hinterließ. 18 Minuten dauert der Film »Der Preis der Freiheit« auf der riesigen runden Leinwand. Es sprechen nur die Bilder: Frei von pathetischen Kommentaren werden die Angst, der Mut und das Leiden der alliierten und deutschen Kämpfer gezeigt. Ihnen soll filmisch »die letzte Ehre« erwiesen werden, heißt es im Vorspann.
»Das war ein schrecklicher Moment«, sagt leise ein Kriegsveteran aus dem US-Bundesstaat Utah zu seinem Nachbarn, als Soldaten in den Landungsbooten gezeigt werden, kurz vor dem Sprung ins Wasser. Bomber klinken ihre tödliche Fracht über deutschen Stellungen aus; deren Batterien versenken Schiffe und verwandeln Sherman-Panzer in brennende Schrotthaufen. Neun Kameras zeigen die Invasion aus verschiedenen Blickwinkeln. Sie versetzen die Kino-Besucher direkt an Bord eines Hubschraubers, eines Landungsbootes und eines Panzers. Nach der Geschichtsreise ins »Herz des Ereignisses« herrscht im Kino-Rund Schweigen. Die bedrückenden Bilder machen sprachlos.
Draußen vor der Tür blicken die Besucher auf eine etwa zehn Meter große Mutter-Gottes-Statue, die Arromanches segnet. Der Ort, der sich so malerisch ans Meer geschmiegt hat, wird für immer mit den Landungsbrücken verbunden sein, die die Amerikaner im Juni 1944 wenige hundert Meter vom Strand errichteten. 62 Jahre nach dem Ereignis ist die Erinnerung an die »Débarquement« weiter lebendig. Hunderte Menschen aller Generationen strömen zu den umkämpften Klippen von Pointe du Hoc und zum amerikanischen Soldatenfriedhof »Omaha Beach« in Colville sur mer.
Auf 70 Hektar ehren lange Reihen mit weißen Kreuzen 9387 Gefallene. »Der aus den Wellen emporsteigende Geist der amerikanischen Jugend« heißt die sieben Meter große Bronzestatue im Park, und der aus Marmor gefertigte Altar in der Kapelle spendet den Angehörigen der Soldaten, die ihre Gräber mit Blumen geschmückt haben, Trost: »Ich gebe ihnen ewiges Leben und sie werden niemals umkommen.«
Mit 1200 Ahornbäumen bepflanzt ist der Garten des Friedens auf dem deutschen Soldatenfriedhof in La Cambe. Dort fanden 21 300 Wehrmachtsangehörige ihre letzte Ruhe. Der Garten des Friedens dient als blühendes Symbol des Friedens zwischen den Nationen.

Artikel vom 10.06.2006