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Ein Sieg zum Auftakt als gutes Omen

Deutschland muss den Anfang machen: Bilanz in den Eröffnungsspielen durchwachsen

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Berlin (WB). Die Welt ist zu Gast bei Freunden. Dazu hätte auch gehören sollen, den Gästen den Vortritt zu lassen. Zumindest dem Weltmeister. So nett wollten die Deutschen zu den Brasilianern auch sein, allein, man ließ sie nicht.

Nun muss eben die DFB-Auswahl anstelle des Titelverteidigers das Turnier eröffnen. Und während der Hausherr heute in der Münchener Allianz-Arena gegen Costa Rica in die Weltmeisterschaft einsteigt, kann die Selecao noch bis zum 13. Juni in aller Ruhe zuschauen, was die Mitbewerber so drauf haben.
Nur die Gruppe H mit Spanien und der Ukraine ist noch einen Tag später dran. So erstreckt sich der Auftakt der Vorrunde über sechs Tage. Deutschland marschiert vorneweg. Bundestrainer Klinsmann wollte das nicht. Nicht, dass der Jürgen nun jammert, aber bitte: »Wenn man erst einmal ein paar Spiele zuschauen kann, wie zum Beispiel die Schiedsrichter pfeifen, ist das ein Vorteil«, begründete Klinsmann die Verzichtserklärung, die beim Fußball-Weltverband nur niemand hören wollte. Was soll's. Einer muss halt den Anfang machen, und wenn es nicht den Weltmeister trifft, dann eben den, der zur Weltmeisterschaft einlädt.
1974 war das noch anders. Da wurde tatsächlich der Champion zum Eröffnungsball gebeten. Der hieß auch damals schon Brasilien. Aber dann, im Frankfurter Waldstadion, versagte der Zuckerhut-Zauber: Die Partie gegen Jugoslawien endete, man ahnt es schon, mit 0:0. Es muss ja nichts heißen, dass die Südamerikaner auch bei der zweiten WM-Auflage in Deutschland wie schon vor 32 Jahren zuerst am 13. Juni spielen, obwohl sich damals auch die DFB-Mannschaft in ihrer Auftaktpartie sehr schwer tat.
Im Berliner Olympiastadion jagte Paul Breitner einen Fernschuss zum 1:0 gegen Chile ins Netz. Hauptsache, gewonnen. Der magere Sieg ebnete den Weg zum Titel. Einstiegserfolge waren für den dreifachen Titelträger auch bei seinen Triumphen 1954 und 1990 ein gutes Omen. 4:1 hieß es gegen die Türkei (in Bern) wie auch gegen Jugoslawien (in Mailand). Zu den herausragenden Startspielen der Deutschen gehört ferner das 5:0 gegen die Schweiz 1966 in Sheffield, als der junge Franz Beckenbauer mit Rückennummer 4 elegant durch die Reihen der Eidgenossen tänzelte. 2002 erschoss Miroslav Klose beim 8:0 gegen Saudi-Arabien den Gegner fast im Alleingang. Auf der Negativseite steht die 1:2-Niederlage gegen Algerien 1982 in Gijon.
In der Regel war es durchwachsen, was sich die Deutschen zum Beginn einer WM zusammenkickten. Die Liste vervollständigen: 3:1 gegen Argentinien (1958), 0:0 gegen Italien (1962), 2:1 gegen Marokko (1970), 0:0 gegen Polen (1978), 1:1 gegen Uruguay (1986), 1:0 gegen Bolivien (1994) und 2:0 gegen die USA (1998). Angefangen hatte alles aber schon viel früher, 1938 in Frankreich: Gegen die Schweiz erreichte Deutschland ein 1:1 nach Verlängerung, verlor jedoch fünf Tage später die Wiederholungspartie mit 2:4.
Damals ging es bereits mit dem Achtelfinale los, Kofferpacken war die Folge der Niederlage. Das kann am 9. Juni gegen Costa Rica nicht passieren. Der Anfang wird nicht das Ende sein, und wohl auch nicht der Anfang vom Ende. Das erste Spiel wollte Klinsmann nicht machen, dass es den ersten Sieg gibt, erwartet er trotzdem.

Artikel vom 09.06.2006