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Immer mehr Ehen kinderlos

Anteil der Alleinerziehenden nimmt zu - Haushalte werden kleiner

Berlin (dpa). Weniger Ehen mit Kindern, mehr kinderlose Paare und Singles, zugleich aber eine steigende Zahl »traditoneller« Familien in Westdeutschland: Das ist das zentrale Ergebnis des Mikrozensus 2005, den der Leiter des Statistischen Bundesamts, Johann Hahlen, gestern in Berlin vorstellte.

Die Zahl der Familien mit Kindern unter 18 Jahren sank seit 1996 um 528 000 auf 8,9 Millionen. Auch die Familienformen wandeln sich: Von den 12,6 Millionen Familien mit Kindern waren 2005 nur noch 73 Prozent Ehepaare, 21 Prozent Alleinerziehende und 6 Prozent Lebensgemeinschaften ohne Trauschein. »Seit 1996 ist die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften um 34 Prozent auf 2,4 Millionen gestiegen«, sagte Hahlen. 1996 machten die Ehepaare noch 79 Prozent aus. In Ostdeutschland ging der Anteil der Ehepaare von 72 auf sogar 62 Prozent zurück. Insgesamt bestehe im Osten ein Trend zur Ein-Kind-Familie.
Erstmals seit Jahren stieg die Zahl der Familien in Westdeutschland zwar leicht an, nämlich um ein Prozent gegenüber 2004. Als kinderlose Paare lebten aber 28 Prozent der Bevölkerung, sagte Hahlen. Etwa 30 Prozent der Frauen mit Universitätsabschluss blieben kinderlos.
Etwa jeder fünfte Deutsche ist alleinstehend - ledig, getrennt, geschieden oder verwitwet. Diese Zahl nahm seit 1996 um elf Prozent auf 15,7 Millionen zu. Der Anteil der Single-Haushalte an den 39 Millionen Privathaushalten stieg um vier Punkte auf 38 Prozent.
Während in 22 Prozent der Haushalte 2005 ausschließlich Senioren lebten, betrug der Anteil der Haushalte mit minderjährigen Kindern 23 Prozent. Insgesamt sank der Anteil der Haushalte mit zwei Generationen unter einem Dach seit 1991 um sieben Prozentpunkte.
Eltern, Kinder und Großeltern lebten nur in knapp einem Prozent der Haushalte unter einem Dach. »Die Haushalte sind deutlich kleiner geworden«, sagte Hahlen. Die durchschnittliche Haushaltsgröße sank von 2,27 Menschen 1991 auf 2,11 im Jahr 2005. In Ostdeutschland leben mit 1,98 deutlich weniger Menschen unter einem Dach.
Nach einer Studie des Allensbacher Instituts für Demoskopie nimmt die Bedeutung der Familei gleichwohl zu. Für drei Viertel der Deutschen ist die Familie weit wichtiger als der Beruf, das Hobby oder der Freundeskreis. Mehr als die Hälfte der Befragten ist zudem überzeugt, sich in Notfällen am ehesten auf die Familie verlassen zu können.
Hahlen trat der Ansicht entgegen, dass Deutschland mit 7,3 Millionen Ausländern kein Einwanderungsland sei. »Es ist ein Zuwanderungsland«, sagte der Amtspräsident.
Schließlich lebten zudem 8 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund - also vorwiegend Kinder von Zugewanderten - zwischen Ostsee und Alpen. Somit stellen die seit 1950 zugewanderten Ausländer und Menschen mit entsprechenden Wurzeln fast ein Fünftel der Bevölkerung. »Wenn in einer Gesellschaft 19 Prozent der Menschen einen Migrationshintergrund haben, dann kann man durchaus von einer Zuwanderungsgesellschaft sprechen«, sagte Hahlen.
Seite 4: Leitartikel/Hintergrund

Artikel vom 07.06.2006