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Blatter ebnet
sich den Weg

Beckenbauer bald in der FIFA?

München (dpa). Umstritten, aber ungefährdet: FIFA-Präsident Joseph Blatter sitzt nach acht Jahren im Amt und vielen Anfeindungen zum Trotz so fest wie noch nie im Chefsessel des Fußball-Weltverbandes.

Beim 56. FIFA-Kongress heute und morgen will er seine angekündigte Kandidatur beim Wahlkonvent 2007 mit einem Programm untermauern. Dazu gehören allen voran die Beilegung des Disputs mit der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) über das Strafmaß für Sportsünder und die Gründung einer Ethik-Kommission im Kampf gegen Korruption, Manipulation oder Diskriminierung.
Begrüßen würde es Blatter, wenn sich Franz Beckenbauer im nächsten Jahr für eine Kandidatur um einen Platz im FIFA-Exekutivkomitee bewirbt. »Ich würde ihn dort gerne begrüßen«, betonte Blatter. Der deutsche WM-Organisationschef sei eine außergewöhnliche Persönlichkeit in der Fußball-Familie. »Ich verehre ihn sehr.« Beckenbauer selber signalisierte Interesse: »So eine Position in einer der wichtigsten Organisationen des Sports wäre eine Herausforderung.« Konkrete Vorstellungen über seine Zukunft nach der WM habe er sich aber noch nicht gemacht: »Meine Gedanken reichen nur bis zum 9. Juli.«
Möglich wäre sein FIFA-Einstieg 2007, weil dann die Amtszeit von Gerhard Mayer-Vorfelder in der FIFA-»Regierung« ausläuft. Von möglichen Überlegungen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), seinen scheidenden Präsidenten schon nach der WM zum Verzicht auf sein FIFA-Amt zu drängen, hält Blatter nichts: »Ich würde sagen, man sollte niemanden hinauswerfen, solange er sein Amt ausüben kann.«
Beim Kongress an der Isar will Blatter mit einem (Wahl-)Programm seinen Verbleib im Amt ebnen. »Die soziale Verantwortung der FIFA wird der Kernpunkt sein, wenn ich wieder gewählt werden sollte«, meinte Blatter. 1998 hatte er mit dem UEFA-Präsidenten Lennart Johansson einen gewichtigen Gegenkandidaten, vier Jahre später gewann er nach einem erbitterten verbandsinternen Machtkampf. 2007 dürfte seine Wiederwahl durch die Delegierten der 207 Mitgliedsverbände eine Formsache sein, obwohl im WM-Gastgeberland kein schmeichelhaftes Bild vom Fußball-»Machiavelli« gezeichnet wird.
Dass er geschasst werden könnte, ist angesichts der exzellenten wirtschaftlichen Situation der FIFA nicht wahrscheinlich. 2002 in Seoul wäre er nicht nur wegen Korruptionsvorwürfen gegen ihn, sondern auch angesichts der miserablen Finanzlage um ein Haar aus dem Amt geworfen worden. Dank der WM 2006 steht die FIFA, die sich gerade 150 Millionen Euro teure Zentrale in Zürich gebaut hat, glänzend da. Etwa 1,8 Milliarden Euro nimmt die FIFA durch die WM ein, wovon 70 Prozent wieder an die Verbände gehen.

Artikel vom 07.06.2006