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Von Heesen und
Saftig sitzen an
einem Tisch

Sechs-Augen-Gespräch mit Kentsch

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). Die Funkstille ist beendet, bei Fußball-Bundesligist Arminia Bielefeld wird wieder geredet. Und zwar nicht mehr nur übereinander, sondern auch miteinander. Gestern trafen sich die Geschäftsführer Reinhard Saftig (Sport) und Roland Kentsch (Finanzen) mit Trainer Thomas von Heesen zum Meinungsaustausch.
Thomas von Heesen
»Natürlich gibt es eine Basis für eine weitere Zusammenarbeit zwischen Reinhard Saftig und mir«, sagte von Heesen hinterher. »Wir müssen uns ja nicht Hand in Hand zeigen. Aber ich arbeite mit jedem professionell zusammen. Doch dazu gehört auch, dass man alternativ denken muss.«
Allerdings bedeutet das nicht, dass von Heesen von seiner Forderung nach Offensiv-Qualität abrückt. »Talentierte Nachwuchsspieler haben wir genug«, formulierte er. »Jetzt brauchen wir Verstärkungen.« Und betonte in diesem Zusammenhang wiederholt die Bedeutung einer Verpflichtung Delron Buckleys. »Er ist ein außerordentlich wichtiger Spieler für unser System. Und das sage ich nicht, um, wie mir oft unterstellt wird, Druck auf die Geschäftsführung auszuüben, sondern weil ich von ihm überzeugt bin.« Allerdings soll der OSC Lille großes Interesse an dem Noch-Dortmunder haben.
Zudem müsse für Isaac Boakye gleichwertiger Ersatz gefunden werden. Den Verlust des 24 Jahre alten Angreifers kann von Heesen verschmerzen. »Wir haben 350 000 Euro für ihn bezahlt. Jetzt bekommen wir eine Million und soundsoviel. Das ist in Ordnung.« 1,2 Millionen Euro soll die Summe betragen, die Boakyes neuer Klub VfL Wolfsburg an Arminia überweist. Dank einer Ausstiegsklausel in Boakyes Vertrag, den von Heesen in seiner Funktion als Sportgeschäftsführer mitgestaltet hatte, darf der Ghanaer vor Ende seiner offiziellen Vertragsdauer bis 2007 vorzeitig gehen. Von Heesen rechtfertigt: »Ohne Ausstiegsklausel hätte Isaac vergangenen Sommer bei uns doch gar nicht verlängert.« Erledigt habe sich dagegen die Personalie Ali Boussaboun. Der Angreifer von Feyenoord Rotterdam sei »totdiskutiert« worden.
Zu Inhalten des gestrigen Sechs-Augen-Gesprächs wollten weder von Heesen noch Reinhard Saftig etwas sagen. Immerhin äußerten beide deutlich, keinen Gedanken an einen Rücktritt zu verschwenden. Von Heesen: »Absoluter Quatsch.« Saftig: »Das würde ja bedeuten, dass ich klein beigebe.«
Stellung bezog der Sportchef jedoch zu Ungereimtheiten, die bei der Verpflichtung des tschechischen Mittelfeld-Talents Kamil Vacek aufgetreten sind. Beim abgebenden Verein Sigma Olmütz soll sich laut Saftig Volker Graul als Abgeordneter des DSC Arminia ausgegeben haben, ohne zuvor von Vereinsseite legitimiert worden zu sein. »Er war nicht legitimiert, sonst hätten mich Präsident Hans-Hermann Schwick und Roland Kentsch angelogen«, sagte Saftig. Dem »Jungen zuliebe« (Vacek, die Redaktion), wie Saftig formulierte, habe er darauf verzichtet, die Verhandlungen mit Sigma Olmütz noch einmal persönlich aufzurollen. »Doch danach habe ich gesagt, dass ich mich mit Herrn Graul nicht mehr an einen Tisch setze«, sagte Saftig. Das erklärt auch, warum sich der Sportchef nicht gerade darum gerissen hat, den Boussaboun-Transfer voranzutreiben. Denn Graul, der keine Beraterlizenz besitzt, wäre in einer Vermittlerrolle mit im Spiel gewesen. Zur Erinnerung: Graul war im Zuge der Affäre um Reiner Calmund ins Zwielicht geraten, weil er sich den Verkauf von Transfer-Optionen mit sechsstelligen Summen honorieren lassen haben soll. Das Gerücht, Graul sei als Arminia-Berater tätig, wies Saftig zurück: »Das stimmt nicht.« Pikant: Als von Heesen im Sommer '05 seinen Trainervertrag aushandelte, soll Graul mit am Tisch gesessen haben. Sein Berater, so von Heesen, sei Graul aber nicht.
Immerhin: Mit Roland Kentsch liegen Saftig (»Wir beide sind uns einig«) und von Heesen unabhängig voneinander offenbar auf einer Wellenlänge. »Zwischen ihm und mir herrscht gutes Einvernehmen. Ich will mit Kentsch das Beste für die Mannschaft - aber nicht gegen Saftig«, sagte von Heesen.

Artikel vom 07.06.2006