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Iran zeigt sich gesprächsbereit

EU-Beauftragter Solana unterbreitet im Atomstreit Teheran Lösungspaket

Teheran/Berlin (dpa/Reuters). Im Streit um das iranische Atomprogramm hat die internationale Gemeinschaft gestern einen neuen Anlauf zu einer diplomatischen Lösung unternommen.

In Teheran überreichte der EU-Außenbeauftragte Javier Solana der iranischen Führung das in der vergangenen Woche von den fünf UN-Vetomächten und Deutschland beschlossene Kompromissangebot. Sowohl der iranische Atom- Chefunterhändler Ali Laridschani wie auch Außenminister Manuchehr Mottaki äußerten sich nach Gesprächen mit dem EU-Chefdiplomaten positiv.
Die iranischen Politiker kündigten eine gründliche Prüfung der Vorschläge an, erst dann werde der Iran antworten. Grundsätzlich zeigte sich der Iran gesprächsbereit. Das Kompromissangebot sieht Anreize für eine Kooperation vor, um den Iran zum Aussetzen seiner Urananreicherung zu bewegen, aber auch mögliche Sanktionen.
Solana betonte seinerseits das Interesse der Europäer an einer Fortsetzung der Beziehungen zum Iran auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens und Zuversicht.
Bundeskanzlerin Angela Merkel, die heute in Berlin mit Solana zusammentrifft, erörterte gestern in einem Telefonat mit Chinas Regierungschef Wen Jiabao ausführlich das iranische Atomprogramm. Beide bekräftigten das Ziel, eine diplomatische Lösung in dem Streit zu finden, teilte die Bundesregierung mit.
Der russische Präsident Wladimir Putin lobte das internationale Vorgehen im Atomstreit mit dem Iran und die Zusammenarbeit mit den USA. »Unsere Ansichten stimmen bei weiten nicht immer überein, aber insgesamt verstehen wir uns, was am Wichtigsten ist, und wir finden Kompromisse«, sagte Putin bei einem Treffen mit dem ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger in Moskau.
Die fünf ständigen UN-Sicherheitsratsmitglieder USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien sowie Deutschland hatten sich in der vergangenen Woche auf ein gemeinsames Vorgehen im Fall des Irans verständigt. Einzelheiten wurden offiziell nicht mitgeteilt. Nach Informationen der »New York Times« enthält der Vorschlag wichtige Handels-Zugeständnisse der USA. So soll dem Iran erstmals seit 27 Jahren der Import von modernen Boeing-Flugzeugteilen für seine alternde Flotte erlaubt werden. Zudem könnten die Sanktionen so gelockert werden, dass Teheran der Import von US-Agrartechnologie ermöglicht wird.
Im Gegenzug auf ein Aussetzen der Urananreicherung - einer Technologie, die auch zum Bau von Atombomben benötigt wird - wollte man langfristig die Versorgung Teherans mit nuklearen Brennstoffen für Leichtwasser- und Forschungsreaktoren garantieren, die mit niedrig angereichertem - nicht waffenfähigem - Uran arbeiten. Die Zeitung berief sich auf Aussagen europäischer Diplomaten und Mitarbeiter der US-Regierung. Das Angebot der USA, dem Iran Teile des Flugzeugbauers Boeing zu liefern, wäre nach Einschätzung der »New York Times« ein wichtiger Schritt. Wegen der US-Sanktionen seit der iranischen Revolution 1979 konnten praktisch alle iranischen Passagierflugzeuge nicht modernisiert werden. Die Sanktionen betrafen auch Maschinen des europäischen Konkurrenten Airbus, wenn diese Teile verwenden, die in den USA produziert werden.
Laridschani sagte, die Gespräche mit Solana seien positiv gewesen und das Paket enthalte einige positive Aspekte. Allerdings gebe es Unklarheiten. Vor allem bewerte es Teheran aber positiv, dass die Europäer den Verhandlungsweg gewählt hätten, um den Konflikt beizulegen. Zuvor hatte Präsident Mahmud Ahmadinedschad ebenfalls eine sorgfältige Prüfung der Vorschläge angekündigt, aber einen Verzicht auf die Urananreicherung ausgeschlossen und »das Recht der iranischen Nation« zur friedlichen Nutzung der Atomenergie betont. S. 4: Kommentar

Artikel vom 07.06.2006