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Aktuelle Popmusik aus
der Pralinenschachtel

Sennestädter Firma wächst mit Tonträger-Marketing

Von Anna Kleemann
und Markus Poch (Fotos)
Sennestadt (WB). Jeder kennt die Situation: Man öffnet eine Packung Pralinen, blättert in einer Zeitschrift oder kauft ein Waschmittel. Nicht selten fällt dem Kunden dann eine aufwendig mit allen Markenlabels ausgestattete CD oder DVD in die Hände - ein geschickter Zug der Warenvermarktung. Heutzutage erfordert der erfolgreiche Absatz neuer Produkte ein immer höheres Maß an Kreativität und beständig neue Ideen.

Hier beginnt der Tätigkeitsbereich des Sennestädter Marketing- Unternehmens »micx-media in concept«. Die Firma hat sich darauf spezialisiert, DVDs, PC- Spiele und CDs als Werbe- und Sympathieträger für Waren zu entwickeln. »Der Marketingsektor hat sich längst zu einer eigenständigen, breit gefächerten Branche entwickelt. Die Zeiten des klassischen Kugelschreibers als Werbepräsent sind vorbei«, weiß Geschäftsführer Klaus Gänsel zu berichten. Der 47-Jährige hatte sich vor fünf Jahren mit seinen Partnern Ingo Kaemper (36, Werbemittelhandel) und Max Jelinek (41, Leiter Lizenzen/Musikrechte) selbstständig gemacht.
Der Erfolg gibt Gänsel Recht: »micx-media« konnte bislang seinen Umsatz jährlich verdoppeln und ist heute nach eigenen Angaben bundesweit marktführender Anbieter für solche Werbeträger. Zu den Kunden des Marketingstrategen gehören internationale Unternehmen wie Siemens, Coca-Cola, Lufthansa, Volkswagen und Dr. Oetker. Sie alle wollen mit dem Angebot einer CD als »Give-away« zum Impulskauf anregen und ein bestimmtes Image ihrer Produkte erzeugen. Gänsel: »Der Effekt der Werbebotschaft hält mit Hilfe einer entsprechend gestalteten CD, die thematisch passende Songs enthält und immer wieder hervorgeholt werden kann, viel länger vor.«
Der erste Kontakt mit Kunden wird meist über Werbeagenturen oder Werbemittelhändler hergestellt. Diese arbeiten im Auftrag der Firmen und erhalten auf Anfrage Hörproben und Entwürfe, die auf die intendierte Zielgruppe der Konsumenten ausgerichtet sind.
»Verarbeitet werden neben jeder Form der Musik auch Hörbücher, Entspannungstechniken und Lyrik - eben alles, wofür wir die Produktionslizenz erhalten. In der Regel wünschen Kunden Originalversionen. Schluss ist dann allerdings bei Künstlern wie Elton John oder Herbert Grönemeyer«, sagt Gänsel. »Die geben ihre Songs nicht für Werbung frei.« Dennoch ist die Produktpalette digitaler Medien nahezu unbegrenzt: CDs als Parkscheiben, Kinderlieder zur Babynahrung, Cabriohits für VW, Partyschlager für den Erdnussmix und natürlich jede Menge Spezialangebote zu Fußball-Weltmeisterschaft, Mozartjahr und Weihnachten. Dem schließen sich Firmenhistorien auf DVD und Spiele für Zahnbürsten an. Gänsel erklärt: »Wie die Werbung letztlich an den Konsumenten gebracht wird, ist ganz unterschiedlich. Sie kann dem Produkt direkt als Beilage angefügt oder auch an Promotionständen für einen verhältnismäßig niedrigen Preis verkauft werden. Die Gratisgaben werden dann meist in sehr hohen Auflagen hergestellt.« Insgesamt liegt der Umsatz mit Werbemitteln in Deutschland bei drei Milliarden Euro - ein Zeichen dafür, wie wichtig der Markt inzwischen für die Wirtschaft ist. »Gerade in harten Konjunkturzeiten wird im Bereich Marketing investiert, um Produkte und Marken aufzufrischen«, hat der Sennestädter festgestellt. Doch die Arbeit erfordert von insgesamt 15 Angestellten und einigen freien Mitarbeitern ein hohes Maß an Flexibilität, da für die Entwicklung eines neuen Werbeträgers ein Zeitraum von nur sieben Tagen durchschnittlich vorgesehen ist.
In den kommenden Jahren plant Gänsel die Expansion auf außereuropäische Märkte in Amerika und Asien. Bis dahin werden sich nur heimische Konsumenten an italienischer Musik für den Verzehr von Pizza, Liedern zur Überbrückung des Spülmaschinengangs und Visitenkarten-CDs erfreuen können - und mit verstärkter Aufmerksamkeit ihre Pralinenschachteln öffnen oder in Computerzeitschriften blättern.

Artikel vom 07.06.2006