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»Finale« in Gladbach
Hart
am
Ball

Von Friedrich-Wilhelm Kröger  

Hastigen Schrittes näherte sich Jürgen Klinsmann. Dann schilderte der Bundestrainer seine Eindrücke zum Spiel, die positiv ausfielen. Er hätte ein freundliches Gesicht dazu machen können, aber das tat er nicht. Und als Klinsmann auf sein bisheriges Schaffen zurückblickte, wirkte dies so, als stehe er schon am Ende. Die Weltmeisterschaft beginnt erst noch, doch der Schwabe redete in der Vergangenheit und sah dazu so grüblerisch aus, als spreche er bereits über einen Schlusspunkt.
Nach seinen Äußerungen vom Wochenende muss das getäuscht und nur daran gelegen haben, dass der Abend von Mönchengladbach auf gewisse Weise auch ein »Finale« gewesen ist. Das 3:0 gegen Kolumbien war letztes Spiel einer zweijährigen Testreihe, in der Klinsmann die Nationalmannschaft wieder auf Vordermann bringen sollte. Es geht auch darum, dem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Der ist hoch. Klinsmann hatte sich vorgenommen, eine neue »Generation Attacke« zu formen, die selbst bestimmt, was auf dem Platz passiert, die sich nichts aufzwängen lassen soll. Die frischen Fußball anbietet, und mittels moderner Methodik zielstrebig auf den richtigen Weg gebracht wird.
Wie weit dies gelungen ist, wird nun bald zu überprüfen sein. Das WM-Abschneiden mag einen wesentlichen, aber nicht alleinigen Punkt seiner Zukunftsüberlegungen darstellen. Klinsmanns Berliner Ausführungen lassen darauf schließen, dass er die Arbeit über das Turnier hinaus fortsetzen will. Bisher gab es nur wenige, die dies für möglich hielten. Man muss das jetzt abwarten, es ist auch nur das zweitwichtigste Thema. In ein paar Tagen wird die WM angepfiffen, im Borussia-Park offenbarte Klinsmanns Gesicht dabei Spuren von Stress. Wie so oft sprach er von »Spaß«, nur dieses Mal strahlte er nichts aus. So war es ein ungewohnt blasser Auftritt, interpretierbar vielleicht als Ruhe vor dem Sturm.

Artikel vom 06.06.2005