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Strahlendschön
und unschuldig

Premiere mit Cosma Shiva Hagen

Von Jutta Steinhoff
Herrenchiemsee (dpa). Jugendliche Messerstecher in Lederkluft, ein rüpelhaft-trunksüchtiger Fürst, starrsinnige Eltern und dazwischen die strahlend schöne Unschuld in weiß: Cordula Trantows Fassung von Shakespeares »Romeo und Julia« hatte im Innenhof des Schlosses Herrenchiemsee Premiere.
Cosma Shiva Hagen als Julia und Phillipp Ungeheuer als Romeo.

Die tödlich endende Tragödie um die einander in Liebe verfallenen Kinder der verfeindeten Familien Capulet und Montague im Verona des endenden 16. Jahrhunderts ist für die ehemaligen Schauspielerin und jetzigen Regisseurin Trantow neben der Liebe vor allem ein Konflikt der Generationen und um jugendliche Gewalt mit bleibender Aktualität.
So erscheint Capulet-Neffe Thybald (Berny Widmann) eher dümmlich in Skinhead-Montur und stets mit einem Messer in jeder Hand. Romeo (Philipp Ungeheuer) als guter Junge ist zwischen melancholischer Verliebtheit und der Rauflust seiner Freunde Benvolio (Joschka Altschäffl) und Mercutio (Stephen Sikder) hin- und hergerissen.
Den im Familienhass verblendeten Eltern fehlt jeder Instinkt für ihre Kinder, und Fürst Escalus (»Filmbösewicht« Claude Oliver Rudolph) gibt gelangweilt räkelnd auf dem Thron oder mit Whiskeyflasche in der Hand eine Obrigkeit, die keinerlei Respekt einflößt. Inmitten dieser Unholde erstrahlt Julia, von Cosma Shiva Hagen glaubhaft gespielt als naiv-kindliche, dann ausgelassen und ungestüm verliebte Jugendliche bis hin zur verzweifelten Selbstmörderin, die Romeo in den Tod folgt.
Doch trotz der romantischen und leidenschaftlichen Handlung sowie solider schauspielerischer Leistungen insbesondere von Hagen als Julia ließ die Inszenierung das zumeist in Decken gehüllte Publikum des Freilichttheaters weitgehend ungerührt. Teilweise unklar und überzogen schienen gewählte Bezüge und Effekte wie ein Thai-Ballett oder ein Schlangentanz mit einer lebenden Boa constrictor.
Hektischer häufiger Bühnenumbau und unausgereifte Tontechnik störten zudem. Die von Shakespeare eigentlich mit Verve und Weisheit ausgestatteten Figuren der Amme Julias (Veronika Faber) und des Pater Lorenzo (Fred Alexander) blieben in Cordula Trantows Fassung ebenso wie Romeo-Rivale Graf Paris (Florian Kiml) eher blass.
Nach der Premiere auf der Insel im Chiemsee ist die Aufführung im Juli an weiteren Schauplätzen zu sehen: Bei den Thurn und Taxis Schlossfestspielen in Regensburg, auf Burg Königstein im Taunus, in der Münchner Residenz und im Nürnberger Serenadenhof.

Artikel vom 06.06.2005