06.06.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Die Auftakt-Mannschaft steht

Costa Rica kann kommen: Deutschland hat Kolumbien fest im Griff

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Mönchengladbach (WB). Sie wollten mit einem Erfolg in die letzte Woche ihrer WM-Vorbereitung einsteigen. Und als die deutschen Nationalspieler gestern Nachmittag im Schlosshotel Grunewald eintrafen, da hatten sie nicht nur den 3:0-Sieg gegen Kolumbien im Gepäck, sondern auch das Gefühl mit nach Berlin gebracht, mit dieser Aufstellung und dieser Taktik bestehen zu können.

Wäre jetzt WM-Anpfiff, würde die DFB-Auswahl genauso antreten wie bei der Generalprobe im Mönchengladbacher Borussia-Park. Vor allem über die Besetzung der bislang noch offenen Abwehr-Positionen gibt es bei Jürgen Klinsmann kaum noch Zweifel. »Wir müssen die letzten Trainingseinheiten abwarten, aber Mertesacker und Metzelder haben die besten Chancen.«
Auch Tim Borowski muss draußen bleiben, wenngleich der Bremer dem Bundestrainer-Befehl nachgekommen war. Klinsmann wollte von seinen Spielern eine gelungene Generalprobe sehen, der eingewechselte Borowski beteiligte sich daran mit dem 3:0 (69.). Ballack und Schweinsteiger hatten das 1:0 (20.) und 2:0 (37.) erzielt. »Wir werden gegen Costa Rica mit breiter Brust antreten«, versprach Klinsmann nach klarem Sieg und verbessertem Spiel.
Es war buchstäblich eine ordentliche Leistung. Ordentlich kommt von Ordnung: »Die ganze Mannschaft hat defensiv besser gearbeitet als gegen Japan«, stellte Metzelder fest. »Vorn wurde schon sehr viel abgeräumt, wir kamen hinten fast nie in Bedrängnis.« Nur der ein oder andere Versuch des Torhüters Lehmann, die Weiten des Borussia-Parks zu erkunden, schwor Gefahr herauf. Er ist eben ein Schlussmann, der gern mal einen Ausritt wagt. Als Leh-mann dabei den Ball verpasste, wäre der um ein Haar per Heber im verwaisten Gehäuse gelandet.
Viel Ärger bereiteten die Südamerikaner ihrem Gastgeber ansonsten nicht. »Wir waren müde«, erklärte Trainer Reinaldo Rueda die schlappe Vorstellung seines Teams, das dazu auserkoren war, der WM-Gruppe A auf den Zahn zu fühlen. 1:1 gegen Ecuador, 2:1 gegen Polen, 0:3 gegen die Deutschen: »Sie sind die stärksten«, resümierte Rueda, »sie haben uns überhaupt keinen Platz gelassen.« Körperlich wirkten die dauerbeschäftigten Kolumbianer angeknockt. Deswegen fiel es Bundestrainer Klinsmann auch nicht ein, dieses ungefährdete 3:0 hoch zu jubeln: »Wir wissen, dass es bei der WM viel schwerer wird. Da machen wir uns nichts vor.«
Ihren Sinn erfüllte die letzte Arbeitsprobe vor dem WM-Start aber allemal. Allein, um sich über die Position des Kapitäns klar zu werden: Michael Ballack gehört ins Zentrum. Gegen die Japaner hatte ihn Klinsmann nach halbrechts verpflanzt, da fühlte er sich überhaupt nicht gut aufgehoben.
Ballack war nach dem 2:2 auch vehement dafür eingetreten, Risiko rauszunehmen und die Verteidigung nicht noch einmal so grob zu vernachlässigen. Einen Streit über die nach vorn gerichtete Spielphilosophie muss man daraus nicht ableiten. Metzelder ordnete den Vorstoß von Ballack als »innere Angelegenheit« ein: »Das war keine Kritik am Bundestrainer, sondern an uns als Mannschaft.«
Nun naht der Zeitpunkt, an dem sie zeigen muss, was sie in den vergangenen zwei Jahren unter Klinsmann gelernt hat. Wohin sie will, wurde dem Mönchengladbacher Publikum und Millionen an den Bildschirmen noch einmal per Plakat nahegebracht: »Gemeinsam mit Euch - ein Traum: 9. Juli 2006.« Was an diesem Datum stattfindet, muss man nun wirklich niemandem mehr erzählen.

Artikel vom 06.06.2005