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Schweinsteiger nutzt das freizügige Angebot

Mit Kahns Unterstützung blüht der Münchner Mittelfeldspieler endlich wieder auf


Mönchengladbach (WB/fwk). Als Zeitzeugen bei einem Länderspieltreffer aus dem Raritätenkabinett hätten die Kolumbianer gewarnt sein müssen. Ihr Torwart Luis Martinez hatte dem polnischen Kollegen einen Abschlag in den Kasten gesetzt, das war für Tomasz Kuszczac ausgesprochen peinlich. Man muss eben immer auf der Hut sein. Nur, dass die Südamerikaner für sich selbst diese Lektion nicht ganz verstanden haben und gegen Deutschland patzten. Sie stellten Bastian Schweinsteiger nur eine kleine Wand entgegen, als der sich den Ball zum Freistoß zurechtlegte und ihn dann einfach aus 25 Metern versenkte. Ein schöner Treffer, eine schöne Illusion: »So eine Zwei-Mann-Mauer werden wir bei der WM nicht bekommen«, meinte Bundestrainer Jürgen Klinsmann zum freizügigen Angebot Kolumbiens.
Eine Selbstverständlichkeit war der Schweinsteiger-Schuss trotzdem nicht: »Den habe ich im Trainig tausend Mal probiert.« Ermutigt wurde er von Oliver Kahn, auch mal im Spiel so ein Pfund abzulassen, weswegen der zuschauende Teamgefährte vom FC Bayern im Rahmen der Jubelzeremonie vom Schützen am Rasenrand sogleich geherzt wurde.
Es sollte auch ein Dankeschön sein an den erfahrenen Profi, der den 14 Jahre jüngeren Schweinsteiger in dessen bisher tiefster Karrierekrise wieder aufgemöbelt hatte. Als Schweinsteiger fälschlicherweise mit dem angeblichen Bundesliga-Wettskandal in Verbindung gebracht wurde, ließen ihn die zu Unrecht erhobenen Anschuldigungen in ein Leistungsloch stürzen, aus dem es lange keinen Ausweg gab. Bayern-Trainer Magath bevorzugte zumeist andere Spieler. Er hat ja genug davon. Es war der 36 Jahre alte Kahn, der Schweinsteiger aus der Versenkung half. »Dem Olli habe ich alles zu verdanken«, sagte der Münchner, der sich in seiner schwersten Zeit auch von seinem Berater getrennt hatte und erst jetzt im Kreis der Nationalmannschaft endgültig wieder aufblühte.
Wozu das führen kann, war gegen Kolumbien und Japan zu sehen. Zwei maßgerechte Tor-Vorlagen, zwei Treffer selbst erzielt: Mit Schweinsteiger ist die DFB-Elf im Moment eine bessere Mannschaft. »Er zerreißt sich für uns«, beschreibt Bundestrainer Klinsmann die wieder gefundene Motivation des Mittelfeldspielers. Sein WM-Stammplatz ist so garantiert.

Artikel vom 06.06.2006