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Von Michael Schläger

Bielefelder
Optik

Der Super-GAU


Für Wolfgang Brinkmann und Friedhelm Rieke, die beiden Geschäftsführer der Stadtwerke Bielefeld, muss die Diskussion um den 2,1-Millionen-Anlage-Verlust des Unternehmens so etwas wie ein Super-GAU sein. Bisher konnten sich ihre Bilanzen stets sehen lassen, gab es keinerlei Kratzer am Vorzeige-Image der städtischen Gesellschaft.
Man darf sicher sein: Auch 2006 werden die Zahlen, insgesamt betrachtet, wieder stimmen, werden die Stadtwerke das Unternehmen sein, das mit seinen Gewinnen nicht unerheblich zum Wohlergehen auch des Rathauses beitragen wird. Das in Cottbus eingebüßte Geld erschüttert das Bielefelder Versorgungsunternehmen keineswegs in seinen Grundfesten. Aber es bleibt ein Makel zurück. Wie konnte die Anlage-Pleite bei den Cottbuser Stadtwerken passieren?
Das fragt öffentlich in Bielefeld bisher nur die CDU. Das macht sie natürlich auch aus politischem Kalkül. Schließlich ist Stadtwerke-Geschäftführer Wolfgang Brinkmann SPD-Mitglied, ist der Aufsichtsrat von Sozialdemokraten und Gewerkschaftern dominiert. Aber im sozialdemokratisch dominierten Dortmund, wo die Telekommunikationstochter der dortigen Stadtwerke auf das gleiche verlustreiche Anlageangebot der Cottbuser eingegangen war, fragen auch Genossen und Grüne nach, ist man um eine breite Aufklärung bemüht.
Und Nachfragen muss auch in Bielefeld gestattet sein. Im Mai 2005 war bekannt, dass es um die Stadtwerke Cottbus wirtschaftlich nicht sonderlich gut bestellt war. Warum hat man bei ihnen im Herbst desselben Jahres noch vier Millionen Euro angelegt, von denen jetzt weniger als die Hälfte zurückfließt?
Aber es sollte nicht bei der Aufklärung des Einzelfalls bleiben. Nötig ist auch eine Diskussion darüber, wie städtische Gesellschaften geleitet und kontrolliert werden sollen. Stadtwerke-Geschäftsführer Wolfgang Brinkmann hat sein Unternehmen in der Vergangenheit tadellos auch durch schwierige Zeiten geführt. Das bescheinigen ihm selbst politische Gegner. Aber ob es beispielsweise richtig ist, den Sozialdemokraten Brinkmann durch den Sozialdemokraten Hans Hamann als Aufsichtratsvorsitzenden kontrollieren zu lassen, ist eine Frage, die nicht nur Ordnungspolitiker angesichts der jüngsten Millionen-Panne erheblich ins Grübeln bringen müsste.

Artikel vom 03.06.2006