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New York macht die Börse auf

Acht Milliarden Euro für »Euronext« -ÊFrankfurt hat das Nachsehen

Von Andreas Framke
und Megan Davies
New York/Paris/Frankfurt (Reuters). Die New Yorker Börse (Nyse) übernimmt die Euronext für knapp acht Milliarden Euro. Damit ist es ihr gelungen, die Deutsche Börse im Fusionspoker auszustechen. Durch den Zusammenschluss entsteht der größte Finanzmarktbetreiber der Welt.

Die Deutsche Börse ist damit zum vierten Mal binnen weniger Jahre mit einem Übernahmevorhaben gescheitert. Nyse und die Vierländerbörse teilten am Freitag mit, das fusionierte Unternehmen solle »Nyse Euronext« heißen. Es werde seine US-Zentrale in New York sowie internationale Sitze in Amsterdam und Paris haben. Chef wird Nyse-Chef John Thain, Euronext-Chef Jean-Francois Theodore sein Stellvertreter.
»Eine Partnerschaft mit Euronext erfüllt unsere Vision, einen wirklich globalen Marktplatz zu schaffen, dessen Produktbreite und geographische Reichweite allen Investoren, Anlegern und Aktionären nützt«, erklärte Thain. An der neuen Mega-Börse würden nach Berechnungen von Experten täglich Aktien im Wert von 80 Milliarden Euro gehandelt.
Die Deutsche Börse überraschte am Freitagnachmittag während der laufenden Pressekonferenz von Nyse und Euronext mit der Mitteilung, sie sei ungeachtet der Verabredungen von Theodore und Thain weiter an einem Zusammenschluss mit Euronext interessiert. Im Umfeld des Unternehmens wurden Spekulationen auf ein feindliches Übernahmeangebot in letzter Minute aber heruntergespielt. Theodore machte in Paris klar, die Gespräche mit der Deutschen Börse und ihrem Chef Reto Francioni seien für ihn beendet. Nyse-Chef Thain wollte nicht sagen, ob er ein Gegenangebot aus Deutschland kontern würde. Die Bundesregierung zeigte sich enttäuscht.
Die Deutsche Börse habe der Euronext ein attraktives Angebot gemacht, europäische Allianzen seien eine gute Chance, sich im weltweiten Wettbewerb zu behaupten. Hessens Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) als oberster Aufseher über die Frankfurter Wertpapierbörse sagte, er bedauere dass die Euronext nicht den europäischen »Brückenschlag« gewählt habe. Ein Frankfurter Börsenhändler sagte: »Das ist ganz klar eine Schlappe für die Deutsche Börse. Allerdings hat niemand ernsthaft damit gerechnet, dass sie bei der Euronext noch zum Zuge kommt.« Die Deutsche Börse hatte Euronext eine »Fusion unter Partnern« für 8,6 Milliarden Euro in Aktien und bar angeboten und mehrere Zugeständnisse gemacht. Auf der Hauptversammlung hatte Aufsichtsratschef Kurt Viermetz der Euronext sogar den Chefsessel offeriert. Das Euronext-Managent hatte sich aber stets gegen eine Fusion mit den Deutschen ausgesprochen. Die Aktionäre hielten sich bis zuletzt dagegen alle Optionen offen. Sie müssen ebenso wie die Nyse-Anteilseigner der Fusion zustimmen.

Artikel vom 03.06.2006