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Ein Sichtglas ins
Herz der Literatur

Museum in Marbach wird eröffnet

Von Ulf Mauder
Marbach/Neckar (dpa). Das neue Literaturmuseum der Moderne (LiMo) in Schillers Geburtsstadt Marbach am Neckar will seinen Besuchern einen völlig neuen und vielgestaltigen Zugang zum Schrifttum eröffnen. Am kommenden Dienstag wird es im Beisein von Bundespräsident Horst Köhler eröffnet.
Klassischer Säulenbau aus Beton und tropischem Holz: das Literaturmuseum in Marbach.Foto: dpa

Der klassische Säulenbau aus Beton und tropischem Ipê-Holz beherbergt Sehenswertes zur Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts - vom Zettelkasten bis zu Totenmasken von Dichtern und Denkern. Neben dem kostbaren Originalmanuskript von Franz Kafkas »Proceß« und Briefen von Hermann Hesse und Thomas Mann erinnern künftig Exponate in Dauer- und Wechselausstellungen auch an zahlreiche unbekanntere Autoren.
Ausgestellt werden etwa die in antiker Manier gestalteten Papierrollen von Ernst Penzoldt für seinen Schelmenroman aus den 30er Jahren, »Die Powenzbande«, und ein Röntgenbild des lungenkranken Philosophen Karl Jaspers. Dabei geht es vor allem darum, wie Texte entstehen, aber auch um Erfahrungen und Denkweisen in der Kulturgeschichte. Gezeigt werden poetische Formen und Formeln, in denen Ideen überliefert werden, wie Museumschefin Heike Gfrereis sagt. Heutige Autoren sollen in dem »Schatzhaus der neuen deutschen Literatur« zudem direkt erklären, wie sie arbeiten.
Das LiMo ist das »Sichtglas ins Herz der Literatur«, wie der Direktor des Deutschen Literaturarchivs, Ulrich Raulff, sagt. Sein Ziel ist es, besonders Lehrer und Schüler an den Ort zu locken. Zu entdecken gibt es hier Abiturzeugnisse, Identitätsausweise und Notizbücher, historische Tonaufnahmen, Kleidungsstücke, private Fotoalben und Bibliotheken sowie Hausrat der Dichter. Als Schätze gelten dabei die Manuskripte Alfred Döblins »Berlin Alexanderplatz«, Martin Heideggers »Sein und Zeit«, Gedichthandschriften von Hugo von Hofmannsthal, Rainer Maria Rilke und Paul Celan.
Um 3800 Quadratmeter ist die Fläche für Archiv und Ausstellungen gewachsen, davon werden 1000 Quadratmeter aus mehr als 1200 Schriftsteller- und Gelehrtennachlässen des Archivs bestückt. 400 Quadratmeter sind den Wechselausstellungen vorbehalten, in diesem Jahr zu Gottfried »Benns Doppelleben« (7. Juli bis 27. August) und Hannah Arendt.

Artikel vom 03.06.2006