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Familienfehde neu aufgerollt

Der Bundesgerichtshof hebt Urteil des Schwurgerichts auf

Bielefeld (uko). Die grausame Tötung eines jungen Türken auf einem Brackweder Autoverkaufsplatz muß neu vor dem Landgericht Bielefeld aufgerollt werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verurteilung des Täters zu elf Jahren Haft wegen Totschlags aufgehoben.

Auf diese Strafe hatte das Schwurgericht des Landgerichts im September 2005 gegen den 37-jährigen Busfahrer Ercüment C. aus Heiligenhaus (Kreis Mettmann) erkannt. Staatsanwalt Christoph Mackel hatte seinerzeit wegen Mordes sogar eine lebenslange Freiheitsstrafe gefordert, die Anwälte des Angeklagten nur vier Jahre Haft wegen eines Totschlags in einem minder schweren Fall. Die Verteidiger Ralf Lindrath (Bielefeld) und Detlev Stoffels (Paderborn) hatten damals unmittelbar nach der Urteilsverkündung den Gang in Revision angekündigt, wurden nun vom 4. Strafsenat des BGH bestätigt.
Ercüment C. hatte am Morgen des 30. Dezember 2004 den Brackweder Autoverkaufsplatz seines in Bielefeld lebenden Bruders aufgesucht und dort nur den 26-jährigen Türken Hakan C. angetroffen. Dieser junge Mann hatte Monate zuvor die Cousine seiner Ehefrau gegen den Willen der Familie geheiratet. Obendrein hielt sich der 26-Jährige illegal mit falschen Papieren in Deutschland auf. Aus einer Fehde um die gekränkte Familienehre war so im Laufe der Monate eine zunehmende Verfeindung entstanden.
In dem Verkaufscontainer war es zu einer folgenschweren verbalen Auseinandersetzung zwischen den Männern gekommen, in deren Verlauf der Busfahrer seinem Widersacher ein Messer 32 Mal durch den Körper rammte. Das Opfer verstarb noch am Tatort.
Eine Planung der Tötung hatte das Schwurgericht nicht feststellen können. Die Richter mochten indes auch nicht erkennen, daß der Täter vom späteren Opfer durch schwere Beleidigungen zum Zorn gereizt worden sei. Als Motiv für die Tat wertete das Gericht jedoch die Tatsache, daß die Einladung des Heiligenhauseners zu einer Versöhnungsfeier am Silvestertag 2004 vom Opfer ausgeschlagen wurde.
Der Bundesgerichtshof stellte nun fest, das Schwurgericht habe nicht sicher festgestellt, wie das Messer an den Tatort gekommen sei. Es sei nicht zwingend klar, daß der Busfahrer die Waffe mitgebracht habe. Obendrein sei letztlich auch ein - wie von den Verteidigern angenommener - minder schwerer Fall des Totschlags wohl nicht ganz auszuschließen. Diese Konstellation müsse in einem erneuten Verfahren - zuständig wird die 3. Strafkammer sein - noch einmal überprüft werden.

Artikel vom 02.06.2006