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Wenn es um die Berufswünsche junger Männer geht, dann weiß Christina Mersch so ziemlich genau, was an erster Stelle steht. »Aber es können nicht alle Kfz-Mechatroniker werden. Es gibt noch genug andere spannende Berufe wie Altenpfleger, Erzieher oder Grundschullehrer, in die man reinschnuppern kann«, sagt die Diplom-Pädagogin. Und genau hier setze das Projekt »Neue Wege für Jungs« an, zum Beispiel mit dem Wettbewerb »Fort-Schritte wagen!«. Bundesweit waren Schulen, Jugendeinrichtungen, Verbände und Vereine dazu aufgerufen, Projektideen einzusenden, die, ohne Scheuklappen, Jungen neue Wege und Perspektiven in puncto Lebens- sowie Berufsplanung aufzeigen. Prominente Paten wie Starkoch Ralf Zacherl oder Fernsehschauspieler Karsten Blumenthal (Kinderkanal) hatten die Aktion unterstützt, 25 Preisträger wurden schließlich ausgezeichnet und konnten sich über je 1500 Euro zur Unterstützung ihrer Ideen freuen.
»Wir wollen das Berufswahlspektrum für Jungen erweitern und ihre Sozialkompetenzen wie Konflikt-, Team- und Kommunikationsfähigkeit stärken«, erklärt Christina Mersch. Im Gegensatz zu den Mädchen würden Jungen ihre Zukunft eher einseitig betrachten, machten sich über Begriffe wie Heirat, Familie, Kinder und die damit verbundenen Konsequenzen kaum Gedanken. »Ich gehe arbeiten und ernähre die Familie«, ist ein Satz, den die Bielefelder Diplom-Pädagogin immer wieder hört. Dass die Sache mit dem althergebrachten Alleinernährermodell so gut wie gar nicht mehr funktioniere, Lebenspartnerin oder Ehefrau auch ihre Ansprüche an ein selbstständiges Berufsleben hätten, die Arbeitslosigkeit vielleicht eine berufliche Umorientierung beim Mann notwendig mache, das sei vielen Jungen gar nicht bewusst. »Deshalb ist es sinnvoll, jungen Männern einfach mal Väter vorzustellen, die es anders machen, die sich mit ihrer Partnerin zum Beispiel die Elternzeit teilen und ihre Kinder dabei aufwachsen sehen«, erklärt Christina Mersch und fügt im selben Atemzug hinzu: »Wir wollen die klassischen Rollenbilder aufbrechen.«
Auf drei Säulen ruhe das Projekt »Neue Wege für Jungs«. Zum einen gehe es um die Berufswahlorientierung, zum zweiten um die Stärkung der Sozialkompetenz und zum dritten um das Verändern des männlichen Rollenbildes. Das alles werde vom Kompetenzzentrum (ein gemeinnütziger Verein) koordiniert, aber nicht ausgeführt. »Das Projekt Neue Wege für Jungs ist ein Servicebüro für alle, die aktiv werden wollen. Die praktischen Angebote für Jungen vor Ort führen unsere Netzwerkpartner, Schulen und Initiativen durch«, sagt Christina Mersch. 44 dieser Partner - von Kommunen über die Oldenburger Fachhochschule für Sozialwesen bis zu Vereinen für die Jungen- und Männerarbeit - gebe es bereits bundesweit. »Das ist eine ganz bunte Liste von Netzwerkpartnern. Und wir arbeiten ständig daran, dass die Liste wächst«, betont die Projektsprecherin.
Ideen, wie Jungen Neuland betreten und kennenlernen können, werden im Internet unter www.neue-wege-fuer-jungs.de veröffentlicht. Wer neugierig geworden ist, sollte auf die Homepage surfen und sich den kommenden November vormerken. Dann startet die zweite Runde des Wettbewerbs »Fort-Schritte wagen!«. Vielleicht gehört dieses Mal ja eine Bielefelder Schule oder ein hiesiger Verein zu den Siegern.

Artikel vom 03.06.2006