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Bittersüßer Handball-Abschied

Volker Zerbe verliert letztes Pfichtspiel, aber die Kür war dann Klasse

Lemgo (WB). Lange hatte er die Tränen zurückhalten können, doch als es nach dem Abpfiff Luftballons regnete, öffneten sich auch bei Volker Zerbe ein wenig die Schleusen.

Am Sonntag wurde der Lange feierlich mit einem Abschiedsspiel des TBV Lemgo gegen die Zerbe-Allstars verabschiedet, wobei der TBV die Allstars 44:39 niederrang. Nachdem Hallensprecher-Institution Klaus Theimann die Allstars einzeln in die Halle bat und bei Laszlo Marosi oder Achim Schürmann der Klatschpegel in die Höhe schnellte, lief der Hauptdarsteller des Abends in der Lipperlandhalle ein - zum letzten Mal in seiner Karriere. Die 5000 Zuschauer feierten ihn frenetisch.
Zerbe, der in der ersten Halbzeit auf Seiten des TBV spielte, musste sich erwartungsgemäß einige Späße seiner Mitspieler gefallen lassen. Als sich jedoch seine fünf Mitstreiter auf dem Feld um Daniel Stephan und Christian Schwarzer kollektiv auf den Boden fallen ließen, war auch Zerbe kurzzeitig verdutzt. Doch der Lange schaltete rechtzeitig und jagte den Ball in die Maschen. Dass Zerbe hingegen bei seiner Spezialdisziplin, dem Siebenmeter-Werfen, ran musste, war ob der jahrelang gezeigten Fähigkeiten »Zebus« nicht überraschend, aber trotzdem lustig.
Es folgten noch diverse Einlagen, unter anderem wurde das Spielgerät getauscht und mit dem Fußball weitergespielt, wobei sich Achim Schürmann schon zuvor mit einem Flachschuss (mit dem Handball) als Fußball-Virtuose entpuppte. Youri Chevtsov ließ es sich nicht nehmen, bei einem Tempogegenstoß auf das Spielfeld zu stürmen und unter dem Jubel der Fans einzunetzen.
Größten körperlichen Einsatz zeigte unter anderem auch Florian Kehrmann, der ins verwaiste Tor geeilt war, nachdem Jörg Zereike, wie bereits zuvor Carsten Lichtlein, ein blitzsauberes Feldtor erzielt hatte. Den folgenden Tempogegenstoß von Ulf Ganschow entschärfte »Flo« mit dem Gesicht. Zum Glück mit Zahnschutz ausgerüstet, war Flo nichts Schlimmeres passiert, doch schwankte der Ersatztorhüter zurück zur Bank.
Bewegende Momente spielten sich nach dem Schlusspfiff ab. Nachdem der zweite Teil des Films über Volker Zerbe gezeigt worden war, verabschiedete Beiratsmitglied Dieter Schönbrodt »Zebu« offiziell, und der Beiratsvorsitzender Paul-Gerhard Reimann überreichte Zerbe den Gutschein über sein Buch, das ab der kommenden Saison zu erwerben sein wird und Volker Zerbes glanzvolle Karriere beleuchtet. Und dass er Party machen kann, bewies er, als er mit zehn Mitstreitern erst gegen zwei Uhr morgens die Halle abschloss.
Eine besondere Ehre wurde ihm gestern beim Allstar-Game in Berlin zuteil. Die Liga ehrte den ewigen Lemgoer für sein »Lebenswerk Handball«. Zerbe absolvierte in seiner mehr als 20-jährigen Laufbahn 284 Länderspiele für Deutschland und war 586 Mal in der Bundesliga im Einsatz.
Nichts zu feiern gab es für den Mann mit der Nummer elf dagegen am Samstag, denn in seinem letzten Erstliga-Pfichtspiel verlor Zerbe mit dem TBV gegen den TV Großwallstadt 27:29 (9:17) und rutschte so noch auf Rang fünf. Der Unmut vieler Fans wurde am TBV-Trainer ausgelassen, der ungewohnt emotional reagierte. Volker Mudrow: »Das war von unserer Seite die schlechteste Halbzeit in eigener Halle, seitdem ich hier Trainer bin. In der Halbzeitpause habe ich die vielen Fehler angeprangert und an die Moral der Mannschaft appelliert. Aber insgesamt haben wir eine tolle Rückrunde gespielt, 28:6 Punkte hatten wir auch in der Meisterschaftssaison, zudem haben wir den EHF-Cup gewonnen, so dass mein Fazit der Saison doch positiv ausfällt.«
TBV-Tore: Jicha 8, Schwarzer 5, Zerbe 4, Baur 3/2, Geirsson 2/1, Binder 2, Kehrmann 2, Tempelmeier 1
TV-Tore: Petersson 10/2, Grimm 7, Holmgeirsson 4, Tiedtke 3, Brack 3, Klein 2
Zuschauer: 4920

Artikel vom 06.06.2006