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Kongo-Einsatz beschlossen

Harte Kritik von FDP und Linkspartei - 780 Soldaten nach Afrika

Berlin (Reuters). Die Bundeswehr steht vor dem nächsten Auslandseinsatz. Gegen den Widerstand von FDP und Linkspartei beschloss der Bundestag mit großer Mehrheit den Einsatz deutscher Soldaten im Kongo.
440 Abgeordnete stimmten gestern für die Beteiligung am EU-Einsatz zur Absicherung der Wahl Ende Juli in dem zentralafrikanischen Staat, 135 votierten dagegen. Vor der Abstimmung hatte die Koalition das Vorhaben gegen Kritik von FDP, Linkspartei und vom Bundeswehrverband verteidigt. »Deutschland hat ein sicherheitspolitisches Interesse an einer erfolgreichen Stabilisierung des Kongo«, sagte der SPD-Vizefraktionschef Walter Kolbow.
Der FDP-Außenexperte Werner Hoyer griff die Bundesregierung scharf an und erklärte, seine Partei sei weder vom Sinn noch von der Ausgestaltung des Einsatzes überzeugt.
Dem Mandat zufolge sollen 780 Bundeswehr-Soldaten nach Afrika verlegt werden, direkt im Kongo sollen aber nur 320 eingesetzt werden. Die übrigen Deutschen sollen in Gabun in Bereitschaft stehen und im Notfall Ausländer aus der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa evakuieren. Gesteuert wird der Einsatz der 2000 EU-Soldaten aus dem Einsatzführungskommando in Potsdam.
Das größte Kontingent stellt Frankreich mit 800 Soldaten. 400 Soldaten kommen aus weiteren 16 Nationen. Das Mandat der Bundeswehr soll auf den Raum Kinshasa und eine Einsatzdauer von vier Monaten plus jeweils sechs Wochen An- und Abmarsch begrenzt sein.
Die Europäer unterstützen die UN-Friedenstruppe Monuc, die mit 17 000 Soldaten im Land ist.
Die FDP-Sicherheitsexpertin Birgit Homburger betonte, die Liberalen stellten nicht das Ziel in Frage, den Kongo zu stabilisieren. Sie bezweifelten aber, ob dies mit einem recht kleinen Truppenkontingent und einer so kurzen Einsatzdauer zu erreichen sei. »Nur für ein Signal ist der Aufwand zu groß und das Risiko, das mit dem Einsatz für die Soldaten verbunden ist, zu hoch«, sagte Homburger. Hoyer zweifelte die Motive für den Einsatz an. Der Kongo sei wegen seines Rohstoffreichtums lange Spielball der Kolonialmächte gewesen und lebe heute trotz seiner Ressourcen in unvorstellbarer Not.
Es sei fraglich, ob die Motive derjenigen, die den Einsatz angestoßen hätten, sich mit den Motiven der Deutschen für den Einsatz deckten. »Frau Bundeskanzlerin, ich fürchte, Sie sind gerade dabei, Ihren ersten außenpolitischen Fehler zu machen«, warnte Hoyer. Der Außenexperte der Linksfraktion, Norman Paech, warnte vor einem Einsatz von »afghanischen Ausmaßen«, der durchaus nicht auf vier Monate begrenzt bleiben werde. Auch der Chef des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, stellte erneut den Sinn des Einsatzes in Frage. »Wenn wir nach vier Monaten aus dem Land wieder rausgehen, werden wir es im Ergebnis der gleichen Räuberbande von Milliardären und Millionären überlassen«, erklärte er.
Der SPD-Politiker Kolbow verteidigte das Mandat. Es sei falsch zu behaupten, Deutschland sei in den Militäreinsatz hineingeschlittert oder die EU wolle mit Hilfe des Einsatzes ihre militärische Handlungsfähigkeit beweisen. Der Einsatz sei für die Bundeswehr militärisch machbar und ein Mittel, eine Stabilisierung Afrikas zu erzielen, die weit über den Kongo hinausreiche.
Der CDU-Außenpolitiker Eckart von Klaeden betonte mit Blick auf den Rohstoffreichtum des Kongo, es sei wichtig, dass die Bevölkerung des Landes von diesen Ressourcen profitiere und der Export der Rohstoffe in geregelten Bahnen laufe. Der Grünen-Sicherheitsexperte Winfried Nachtwei sprach zwar vom umstrittensten Bundeswehr-Einsatz seit Afghanistan, warb aber dennoch für das Mandat.

Artikel vom 02.06.2006