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Fachkräfte wandern ab

Experten rechnen mit weiterer Zunahme und geben Tipps

Nürnberg (dpa). Die Abwanderung hochqualifizierter deutscher Arbeitskräfte in andere europäische Länder wird nach Ansicht eines Experten weiter zunehmen.

»Der Prozess wird in den nächsten Jahren nicht stagnieren«, sagte der Leiter der Arbeitsgruppe Migration und Integration am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg, Elmar Hönekopp.
Gleichzeitig würden aber auch immer mehr sehr gut ausgebildete Kräfte aus dem Ausland nach Deutschland kommen. »Wir werden Know-How verlieren und gewinnen.«
Hönekopp forderte die EU-Länder auf, deshalb einheitliche Qualifikationsstandards zu schaffen. »Dann können die Menschen ihre Mobilitätswünsche noch leichter umsetzen.« Wichtig sei, Ausbildungsabschlüsse transparenter zu gestalten, »damit die Unternehmen wissen, was die Leute können«, sagte der Experte des IAB, das bei der Bundesagentur für Arbeit angesiedelt ist.
Hönekopp gab zu bedenken, dass das Abwandern in andere Länder zum Teil »erhebliche Probleme« mit sich bringen kann. Mit Blick auf die EU-weit unterschiedlichen sozialen Sicherungssysteme sagte er: »Die EU muss hier helfen, Systeme so zu gestalten, dass die Leistungen der einzelnen Länder gegenseitig anerkannt werden.« Bisher sei vielen im Ausland Arbeitenden unklar, »was mit ihrer Rente und ihrer Altersvorsorge geschieht«.
Befürchtungen, die Abwanderung von Ärzten oder Ingenieuren würde in Deutschland zu einem Fachkräftemangel führen, wies Hönekopp zurück. »Es arbeiten viel mehr Hochqualifizierte aus dem Ausland bei uns als umgekehrt.«
Wie viele Deutsche jährlich ins Ausland gehen, darüber gebe es keine gesicherten Angaben. Spezielle Statistiken hierzu würden nicht erhoben, sagte Hönekopp. Dennoch lieferten Wanderungsstatistiken und Arbeitskräfte-Erhebungen Hinweise auf die zunehmende Abwanderung von Fachkräften.
Handwerker haben es derzeit in der Schweiz, Österreich, Norwegen, Großbritannien und Dänemark sehr leicht. Ärzte werden europaweit gesucht. Wer als Kauffrau oder Erzieherin ins Ausland gehen möchte, hat ebenfalls gute Chancen. Gut ausgebildete Führungskräfte werden fast überall gesucht. Im Sommer ist in Urlaubsländern wie Spanien oder Griechenland die Nachfrage nach Animateuren oder Reiseleitern groß.
Um unproblematisch eine Stelle in EU-Ländern zu bekommen, ist die europäische Staatsbürgerschaft unabdingbar. Grundsätzlich dürfen Deutsche in den 15 alten EU-Mitgliedsländern arbeiten, ohne dafür eine Erlaubnis zu brauchen. In den neuen Mitgliedsländern gelten Übergangsregeln. Das Beherrschen der Landessprache ist nicht zwingend Voraussetzung für eine Einstellung, aber hilfreich.
Offene Stellen lassen sich oft über die Bundesagentur für Arbeit (BA) finden. Die Berater wissen auch, wo es so genannte Jobbörsen gibt.
Unter dem Dach der BA arbeitet die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV). Diese internationale Personalagentur bietet einen Vermittlungsservice für Führungskräfte, den europäischen und weltweiten Arbeitsmarkt und vieles mehr. Fragen beantworten die Berater der Europa- und Auslands-Hotline der BA am Telefon unter 01805/22 20 23 (12 Cent pro Minute).
Außerdem gibt es ein Kooperationsnetz der EU-Kommission mit zahlreichen Ländern - EURES genannt -, das die Mobilität von Arbeitnehmern fördern soll.
www.europaserviceba.de.
http://europa.eu.int/eures

Artikel vom 03.06.2006