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»Opfer eines falschen Einsatzes«

US-Soldaten sollen in irakischer Stadt wehrlose Zivilisten getötet haben

Washington/Bagdad (dpa). Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat im Zusammenhang mit einem Massaker an irakischen Zivilisten in der Stadt Haditha schwere Vorwürfe gegen die US-Truppen im Land erhoben.
Ein US-Marine auf Patrouille in Haditha. Dort soll es zu einem Massaker an Zivilisten gekommen sein.
»Es ist nicht zu rechtfertigen, dass eine Familie getötet wird, weil jemand gegen Terroristen kämpft«, sagte al-Maliki. Nach Angaben des neuen irakischen Botschafters in den USA, Samir Al-Sumaidaie, gibt es viele Hinweise darauf, dass US-Soldaten wehrlose Zivilisten »absichtlich getötet haben«. Auch sein Cousin sei im November vergangenen Jahres in Haditha grundlos von US-Soldaten erschossen worden.
Die Getöteten von Haditha seien »Opfer eines falschen Einsatzes«, sagte al-Maliki. Zugleich kündigte er eine Untersuchung der Vorfälle vom 19. November durch irakische Behörden an.
Bei dem Einsatz der US-Marines in Haditha waren nach Berichten von US-Medien mindestens 24 irakische Zivilisten, darunter auch Frauen und Kinder, angeblich grundlos getötet worden. Am vergangenen Montag hatte der demokratische US-Abgeordnete John Murtha dem Verteidigungsministerium in Washington vorgeworfen, das Massaker vertuschen zu wollen, und von »kaltblütigen« Morden gesprochen.
Schon lange seien ihm Berichte über das angebliche Massaker in Haditha bekannt gewesen, sagte der irakische Botschafter Al-Sumaidaie. Es habe allerdings »einen starken Druck unserer Freunde« gegeben, über diesen Vorfall nicht zu sprechen. Er berichtete auch über den Tod von vier jungen Irakern, die unbewaffnet in einem Auto erschossen worden seien - dabei allerdings »ist es möglich gewesen«, dass US-Soldaten sich bedroht gefühlt haben könnten. Insgesamt seien die Übergriffe und Willkürakte nicht typisch, aber sie schadeten dem Ansehen und der ehrenwerten Mission der US-Truppen immens, sagte Al-Sumaidaie.
Bush hatte den neuen Botschafter am Montag in einem kleinen Festakt im Weißen Haus willkommen geheißen und betont, er sei »zuversichtlich über die Zukunft der Freiheit im Irak«. Der »Mut der Führung und die Entschlossenheit des irakischen Volkes«, seien beeindruckend.
Das Pentagon hat erneut die volle Aufklärung der Vorfälle von Haditha zugesichert. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, drohen mehreren US-Marineinfanteristen Anklagen wegen Mordes und Kriegsverbrechen.

Artikel vom 01.06.2006